Fusion der Außenseiter

Dortmunder Nirwanaparteien schließen sich zusammen. „Die Korrekten“ und das „Visionäre Netzwerk Europas“ wollen zur Kommunalwahl antreten

“Wir haben noch kein Programm“, sagt ein Sprecher der „Korrekten“. Aber man sei ziemlich sozial.

VON MARTIN TEIGELER

In Dortmund tritt eine neu formierte Partei zur Kommunalwahl am 26. September an. Das „Visionäre Netzwerk Europa“ und der Verein „Die Korrekten“ wollen in den Stadtrat gewählt werden. „Wir setzen uns für soziale und ökologische Belange ein“, sagt „Korrekten“-Geschäftsführer Stefan Hast. Der Verein war vor zwei Jahren gegründet worden, um das Leben in Dortmund „korrekter“ zu machen. Unter Korrektheit versteht der Klub soviel wie Solidarität und ökologisches Mass halten. Das „Visionäre Netzwerk Europa“ ist eine im Juli gegründete Partei, in der sich rund 20 Ex-Grüne, PDSler und andere enttäuschte Linke zusammengeschlossen haben.

„Unser Netzwerk ist als Reaktion auf die enttäuschende etablierte Politik entstanden“, sagt Utz Kowalewski vom „Visionären Netzwerk Europa“ (VNE). Der 33-jährige Diplom-Biologe ist Vorsitzender und Gründer der Splittergruppe. Kowalewski zählt sich zum progressiven Lager der Gesellschaft. ,,Innerhalb eines halben Jahres eine ernst zu nehmende Bewegung aus dem Boden zu stampfen soll uns erst mal einer nachmachen“, sagt Umwelt-Aktivist Kowalewski und verweist auf rund 100 Sympathisanten des Netzwerks.

Inhaltlich definiert sich das VNE als Alternative zu den etablierten Parteien. So machen sich die Netzwerker Sorgen über die desolate Finanzsituation der Stadt Dortmund. ,,Eine knappe Milliarde Euro Schulden, mehr als 1.600 Euro pro Bürger, machen aus unserer Sicht grundlegende Veränderungen zwingend notwendig“, meint Kowalewski. Im Dortmunder Stadtrat müsse ein Umdenken einsetzen. Teure Prestigeprojekte wie das neue Konzerthaus oder der Bahnhofsumbau könne sich die Westfalen-Metropole nicht leisten, sagt Kowalewski staatsmännisch. Gegen weitere Millionen-Vorhaben wie den Phönixsee mit Jachthafen für die Dortmunder Millionäre oder den weiteren Ausbau des Flughafens will die neue Liste angehen. Das Netzwerk kämpft für den Erhalt des Freibads neben dem Westfalenstadion, für „eine lebendige Kleinkunstszene“ und mehr Spielplätze und Jugendzentren sollen nach den Vorstellungen der Partei in allen Stadtteilen entstehen.

Die Vorstellungen des Fusionspartners „Die Korrekten“ sind da weniger konkret. „Wir haben noch kein Programm, oder so“, sagt „Korrekten“-Sprecher Stefan Hast. Seit ihrer Gründung hat die Interessenvertretung der Anständigen weniger Politik gemacht als sponti-mäßige Aktionen durchgeführt. So sammelten „Die Korrekten“ in Pfadfindermanier den Müll in öffentlichen Grünanlagen auf oder kümmerten sich um das leibliche Wohl von Obdachlosen. „Wir sind ziemlich sozial“, bringt Stefan Hast die wohltäterische Ader der Vereinsmitglieder auf den Punkt. Eine politische Partei wolle man nicht sein.

Irgendwie links, irgendwie anders – das neue Kommunalwahlbündnis beruft sich derzeit noch auf ein diffuses Lebensgefühl. Effektive Methoden für die dröge Kommunalpolitik suchen „Korrekte“ und „Visionäre“ noch. Zudem ist die Konkurrenz im alternativ-progressiven Lager groß. Die Dortmunder Grünen saugen im öko-libertären Randbereich traditionell erfolgreich Proteststimmen auf, zudem sitzt im Stadtrat noch ein PDS-zentriertes Linkes Bündnis. „Wir werden es in den Stadtrat schaffen“, ist „Visionär“ Kowalewski trotzdem optimistisch. Ende Januar wollen die Fusionsparteien ihre Kandidaten für den lokalen Urnengang aufstellen.