Freitag

Freitag, am 2. und 3. Januar um 22 Uhr im A-Trane

Da starrt man also auf das Plattencover und sieht komische grüne Kacheln, und davor steht eine Sitzbank. Die Sitzbank ist leer, und das wird einen guten Grund haben. Wahrscheinlich ist es auf dieser Bank nicht gut sitzen, vielleicht zieht es da vor den grünen Kacheln, die den Eindruck eines Warteraums erwecken. Möglicherweise saßen hier einmal Leute und warteten, bis der Beamte sie hineinrief, aber die Zeit der Beamten ist vorbei, sie sind abgeschafft worden, weil sie zu langweilig wurden. Dreht man nun die Platte um, wird man überrascht von folgendem Bild: Derselbe Warteraum, dieselbe Bank, aber jetzt sitzen hier vier junge Männer und scheinen recht vergnügt. Vielleicht haben sie nicht gemerkt, dass hier eigentlich keiner mehr herkommt. Genauso, man muss es leider sagen, hört sich die Platte auch an. Das Berliner Jazzquartett Freitag macht einen Jazz, der bestimmt nicht schlecht ist, nur eben von einer Art, die man ein eigentlich für ausgestorben hielt. Sanft klocken die Trommelstöcke, das Saxofon ist vollständig berechenbar, und ganz leise zupft im Hintergrund der Bass. Dazu exakt gesetzte Klavierakkorde, wie aus einem Schulbuch für Jazzer. Man schließt die Augen und dämmert weg, und wenn man aufwacht, ist der Wartesaal wieder leer. DW