Schöne Funkgeräte bis jetzt nur im Katalog

Innenminister planen neues Digitalsystem für den Polizeifunk. Bis zur Fußball-WM 2006 bräuchte vor allem die Berliner Polizei neue Anlagen. Unklar aber ist weiterhin, wer das mehrere Milliarden teure Projekt bezahlen soll

Wenn das Geld knapp ist, haben bunte Kataloge nicht selten eine besondere Anziehungskraft. Ohne Gefahr für das Portemonnaie lässt sich damit träumen, wie es wäre, wenn. So in etwa muss man den kurz vor Weihnachten gefällten Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz einstufen, ein bundeseinheitliches neues Digitalfunksystem für die Polizei auszuschreiben. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) blättert bereits begeistert und erklärt, der Digitalfunk sei „in letzter Minute gerettet“ worden.

Doch so klar ist das nicht, denn wie das bereits von ursprünglich 9 auf unterdessen 4,2 Milliarden Euro reduzierte Projekt bezahlt werden soll, entscheiden weiterhin die Innenminister. Und die können sich bereits seit über zwei Jahren nicht einigen. Während die Länder von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) fordern, er solle 50 Prozent der Kosten übernehmen, ist dieser lediglich bereit, 10 Prozent beizutragen. Ursprünglich sollte „Tetra25“ (Terrestrial Trunked Radio) in der Bundesrepublik zur Fußball-WM 2006 einsatzbereit sein. Der Termin ist nicht mehr zu halten. Tetra25 soll alle Sicherheits- und Rettungsdienste miteinander vernetzen und gilt als verschlüsselbar und abhörsicher – ein Albtraum für Polizeireporter und Hobbylauscher. Ohne weiteres sollen mit Tetra zudem Verbindungen in das Telefonnetz und später auch die Übertragung von Daten und Fotos möglich sein.

Für die Berliner Polizei ist der Digitalfunk von besonderem Interesse. Schließlich sollen hier die Eröffnungsfeierlichkeiten und mindestens sechs WM-Spiele stattfinden, und je weiter der Dachausbau des Olympiastadions voranschreitet, so ist zu hören, umso größer werden die Schwierigkeiten mit der derzeitigen Funktechnik. Zudem wird es für Altgeräte bald kaum noch Ersatzteile geben. Bereits jetzt verfahre man bei Reparaturen nach dem Motto „Aus drei mach eins“, heißt es bei der GdP.

Erstmals erprobt haben die Polizeien von Berlin und Brandenburg Tetra25 bereits 1998. „Sprechende Steine“ hießen die Funkgeräte damals aufgrund ihrer Größe und ihres Gewichtes bei den beteiligten Polizisten. Das gehört der Vergangenheit an. Ein im November 2000 in der Polizeidirektion 2, die auch für das Olympiastadion zuständig ist, gestartetes neues Pilotprojekt mit dem Digitalfunk sei bisher positiv verlaufen, sagt Ulrich Bechem, Chef der Abteilung Information und Kommunikation (IuK) im Polizeipräsidium. Auch Bundeskriminalamt und der BGS seien schon „ganz gierig“ darauf. Er ist denn auch „optimistisch“, dass zumindest die Berliner Polizei es durchaus noch bis 2006 schaffen könnte.

Dummerweise hat Innensenator Ehrhart Körting (SPD) jedoch erst vor wenigen Wochen die notwendigen 10 Millionen Euro aus dem Polizeietat gestrichen und sie zur Finanzierung des Umzuges der FHTW freigegeben. Mit einer Einführung von Tetra, so die Begründung, sei in den nächsten 2 Jahren nicht zu rechnen. Dennoch gibt sich IuK-Chef Bechem zuversichtlich. Bei einer politischen Entscheidung für den Digitalfunk werde „Geld nachgeschossen“. Der weitere Ausbau der technischen Infrastruktur sei so gesichert. Auch die Innenverwaltung betont, in den Haushalten 2004 und 2005 seien je 5 Millionen Euro für Tetra vorgesehen. Ob die THFW die Gelder nun zurückgeben muss oder wo das Geld sonst eingespart werden soll, weiß auch Körtings Sprecher nicht zu sagen.

Vielleicht ist dies auch gar nicht wichtig. Dass sich die Innenminister angesichts ihrer Kassenlagen nun schneller einigen werden, ist wenig wahrscheinlich. Zum Glück lassen sich Ausschreibungen beliebig hinziehen. Immerhin auf viele Kataloge darf sich die Polizei schon freuen. OTTO DIEDERICHS