Uranfracht für Libyen geentert

Vor Libyens Verzicht auf Massenvernichtungswaffen hat US-Geheimdienst deutschen Frachter mit Zentrifugenbauteilen abgefangen. Der Lieferant bleibt im Dunkeln

WASHINGTON dpa/taz ■ Wenige Monate vor Libyens Verzicht auf den Bau von Massenvernichtungswaffen haben die USA offenbar einen deutschen Frachter mit Bauteilen zur Urananreicherung für Libyen abgefangen. US-Dienste hatten mit deutscher und italienischer Hilfe den deutschen Frachter „BBC China“ gestoppt, der bereits den Suezkanal passiert hatte. Die brisante Ladung soll im Persischen Golf an Bord genommen worden sein. US-Außenamtssprecher Adam Ereli bestätigte in Washington einen Bericht des Wall Street Journals. „Auf Grund von Erkenntnissen, dass es sich bei der Ladung um Zentrifugenbauteile handelte, wurde das Schiff Anfang Oktober umdirigiert“, sagte Ereli. Weder er noch Regierungskreise gaben an, wer die Ausrüstung an Libyen verkauft hat. Die Urananreicherung ist Voraussetzung für den Bau von Atombomben.

Das Wall Street Journal hatte zuvor berichtet, der Frachter sei angewiesen worden, abweichend von seiner Route einen italienischen Hafen anzulaufen, nachdem der Reeder des deutschen Frachters von dem Verdacht in Kenntnis gesetzt worden sei. Bei dem Reeder handelt es sich laut Wall Street Journal um die Firma BBC Chartering and Logistic GmbH. Die Reederei sei sehr kooperativ gewesen.

US-Regierungsbeamte erklärten gegenüber dem Wall Street Journal, möglicherweise habe das Scheitern der Lieferung zu Libyens Verzicht auf Massenvernichtungswaffen beigetragen. Nach monatelangen Geheimverhandlungen mit Tripolis hatten die USA und Großbritannien die Entscheidung des libyschen Revolutionsführers Muammar al-Gaddafi am 19. Dezember bekannt gegeben. Nachdem die Ladung beschlagnahmt wurde, sei Tripolis offensichtlich klar geworden, „was wir alles wissen, was sie (die Libyer) treiben“, sagte ein US-Beamter der Zeitung. Nur wenige Wochen später seien amerikanische und britische Experten im Lande gewesen, um das libysche ABC-Programm zu inspizieren. Außenamtssprecher Ereli wollte dagegen keine direkte Verbindung zwischen dem Stopp und der späteren Erklärung Libyens ziehen. Er nannte aber das Aufhalten der Lieferung eine „bedeutende und wichtige Entwicklung“ auf dem Weg zum Rückzug des Landes aus der Atomwaffenentwicklung. CA