Asiens Hoffnungen ruhen auf China

In Asien sind die meisten Länder heute besser aufgestellt als bei der Finanzkrise Ende der 90er. Doch reicht das? Damals war die Krise hausgemacht, jetzt ist sie global

PEKING taz ■ Die globale Finanzkrise weckt in Ost- und Südostasien böse Erinnerungen an die Asienkrise 1997/98. Damals stürzte die boomende Region wirtschaftlich ab, als sich künstlich überbewertete Wechselkurse nicht länger verteidigen ließen. Der Vertrauensverlust ging mit Kapitalflucht und dem Einbrechen der Aktienkurse einher und entblößte korrupte Systeme. Der Internationale Währungsfonds (IWF) sprang ein. In einer als arrogant empfundenen westlichen Art verordnete er den Asiaten drakonische Sanierungsprogramme, die zu sozialen Unruhen und in Thailand, Südkorea und Indonesien zum Regierungswechsel führten.

Heute ist es in Asien noch ruhig. Aber mit Pakistan verhandelt bereits der erste Staat wieder mit dem IWF. 10 bis 15 Milliarden US-Dollar Finanzhilfe benötigt das südasiatische Land in den nächsten zwei Jahren. Die um drei Viertel geschrumpften Währungsreserven der Atommacht reichen nur noch maximal sechs Wochen lang für Importe.

Andere asiatische Staaten brauchen bisher noch nicht in Washington anzuklopfen. „Wir sind heute in einer besseren Lage als vor zehn Jahren“, sagt Surin Pitsuan, der Generalsekretär des südostasiatischen Staatenbundes Asean. In der Region sind die Banken heute gesünder, die Wechselkurse flexibler und die Währungsreserven höher. Doch sind die Staaten auch viel stärker in die Weltwirtschaft integriert und damit anfälliger für externe Einflüsse. Umso verärgerter sind viele Menschen, weil jetzt eine Krise von außerhalb droht – ausgerechnet aus den USA. Hatten diese doch vor zehn Jahren über den IWF die rücksichtslose Sanierungspolitik durchgedrückt.

Aus Angst vor Vertrauensverlusten bürgen inzwischen die Regierungen von Singapur, Malaysia, Hongkong und Australien für alle Einlagen bei den Banken ihrer Länder. Überall in der Region sind die Wachstumsraten gesunken, es gibt erste Anzeichen für eine Rezession.

Besonders betroffen sind die Exportindustrien, weil diese unmittelbar vom Rückgang der Nachfrage in den USA betroffen sind. So hat der japanische Autohersteller Nissan angekündigt, seine Produktion zu drosseln. Seine Exporte in die USA waren im September um 34 Prozent gesunken. Und in China soll dieses Jahr bereits die Hälfte aller für den Export produzierenden Spielzeugfabriken dichtgemacht haben.

China senkt die Exportsteuern, um die Ausfuhren zu erhöhen. Südkoreas Regierung stützt mit umgerechnet 2,8 Milliarden Euro den Immobiliensektor. Und in Malaysia investiert die Regierung in Aktiengesellschaften, um die Kurse zu stabilisieren. Japan arbeitet noch an einem Stützungspaket für seine Banken.

Mit den weltweit höchsten Währungsreserven von 1,9 Billionen Dollar dürfte China bei allen Versuchen, die Finanzkrise zu bewältigen, eine wichtige Rolle spielen. Doch ob das Land wie schon 1997/98 die Krise wieder auffangen kann, ist offen. Denn mit der langsamer wachsenden Wirtschaft geht auch die Nachfrage nach Rohstoffen aus den Nachbarländern zurück. In Japan gibt es Stimmen, die wieder von einer Vergrößerung des eigenen Einflusses träumen.

SVEN HANSEN