: Ende in Stade
Im November wurde das erste Atomkraftwerk im Rahmen des Atomausstiegs abgeschaltet. Abriss folgt direkt
hamburg taz ■ Das Ende der deutschen Atomenergie hat am 14. November in Stade begonnen. Das zweitälteste in Betrieb befindliche deutsche Atomkraftwerk wurde heruntergefahren, um nie wieder ans Netz zu gehen. Damit hat der Betreiber, der Energiekonzern E.on, den Reaktor sogar früher abgestellt, als es nach dem Atomkonsens nötig gewesen wäre. Die Wirtschaft und ein Teil der Bevölkerung in Stade ist darüber zwar nach wie vor unglücklich. Andererseits hatten sie drei Jahre Zeit, sich auf das Ende einzustellen. Eine Verbesserung der Infrastruktur, eine stärkere Zusammenarbeit mit den Nachbarkreisen und der Ausbau industrieller Stärken sollen den Verlust ausgleichen.
Das 1972 ans Netz gegangene AKW bis 2004 weiterzubetreiben fand E.on nicht lohnend: Am Strommarkt gebe es Überkapazitäten. Da erschien es sinnvoll, ein mit 630 Megawatt Leistung kleines Kraftwerk, das den Strom mit hohem Aufwand produziert, abzuschalten – auch wenn E.on-Sprecherin Petra Uhlmann behauptet: „Stade war der Reaktor, der am erfolgreichsten gelaufen ist.“ Kritikern dagegen gilt die Stader Anlage als „Schrott-Reaktor“: Die Schweißnähte des Reaktordruckgefäßes seien so spröde geworden, dass sie bei einer Notkühlung reißen könnten.
Atomkritiker griffen unter Verweis auf das Wirtschaftlichkeitsargument den Atomkonsens an. Mit ihm habe die rot-grüne Bundesregierung einen Bestandsschutz für AKWs geschaffen. Während die Grünen ihre Abschalt-Party in Stade vorbereiteten, ärgerte sich Wendland-Aktivist Wolfgang Ehmke, dass die Abschaltung ausgerechnet in die Woche des Castor-Transports fiel und warf dem grünen Bundesumweltminister Jürgen Trittin „billigste Ausstiegsrhetorik“ vor. Die Reststrommenge, die Stade durch das vorzeitige Abschalten nicht mehr produzieren könne, dürfe auf andere AKWs übertragen werden, so dass diese länger liefen.
Die Stilllegung des Kraftwerks beginnt mit einer anderthalbjährigen Nachbetriebsphase, in der die restlichen Brennelemente zur Wiederaufarbeitungsanlage La Hague verfrachtet werden. Bis 2015 will E.on das Kraftwerk von innen nach außen abbauen. Die Betreiberin kann auf diese Weise die Hälfte der Belegschaft weiterbeschäftigen und auf deren Knowhow zurückgreifen. Greenpeace plädiert dagegen für einen sicheren Einschluss. Erst nach 30 Jahren, wenn ein Teil der Radioaktivität abgeklungen ist, solle mit dem Abriss begonnen werden. Gernot Knödler