Müntefering organisiert seine Truppen

Neue Abteilungen, neue Posten: Wie SPD-Chef Franz Müntefering die Parteizentrale zu seinen Gunsten umbaut

BERLIN taz ■ Franz Müntefering musste gleich mal die Gemüter beruhigen. Er plane keine weiteren Personalveränderungen in der SPD-Spitze, versicherte er am 8. September. Da war der Rücktritt von Kurt Beck einen Tag vergangen, der Vorstand hatte Franz Müntefering soeben zum neuen Parteichef gekürt und viele Sozialdemokraten fürchteten, jetzt werde er personell zu seinen Gunsten aufräumen.

An der SPD-Spitze hat sich, ganz wie Müntefering versicherte, bisher nicht viel getan. Dafür umso mehr im Willy-Brandt-Haus, der Parteizentrale, Münteferings altem und neuem Herrschaftsbereich. Erst berief er seinen Vertrauten Kajo Wasserhövel zum Bundesgeschäftsführer, ab November werden auch wichtige Abteilungen des Hauses von Weggefährten geführt.

Neuer Leiter der Abteilung Politik und Analyse wird Benjamin Mikfeld. Den ehemaligen Jusovorsitzenden kennt Müntefering gut und lange, auch weil sie beide aus dem nordrhein-westfälischen Bezirk Westliches Westfalen stammen. „Sein Rat ist gefragt“, urteilt ein Kenner des Hauses. Die Besetzung lässt vermuten, dass Müntefering die Arbeit am Wahlprogramm keineswegs so eindeutig dem Präsidium überlassen will, wie er jüngst auf dem Parteitag ankündigte. „Dem Präsidium wird eher der Entwurf auf den Tisch gelegt“, sagt ein ehemaliger Mitarbeiter des Willy-Brandt-Hauses. Mikfeld hatte vorher den Spitzenposten der Abteilung Kommunikation inne, den nun Svenja Hinrichs erben soll. Für Hinrichs ist die Berufung zur Abteilungsleiterin ein rasanter Karrieresprung, da sie bislang als persönliche Referentin von Wasserhövel im Bundesarbeitsministerium arbeitete. Sie gilt als „Schatten von Kajo“. Machtpolitisch interessant ist zudem, dass die mit Münteferings ehemalige Sprecher Martin Giffeler neu besetzte Pressestelle den Abteilungsstatus verlieren wird. Künftig soll sie an das Büro des SPD-Chefs oder Wasserhövels angegliedert werden. Ein Ohrfeigchen für Generalsekretär Hubertus Heil, der damit den direkten Zugriff auf die Pressestelle verliert.

Die Umstrukturierung macht klar: Die Zeichen stehen voll auf Wahlkampf, und den wollen Müntefering und Wasserhövel nicht mit Leuten bestreiten, die sie nicht kennen. Ein Unterschied zum glücklosen Kurt Beck, der bei der Ankunft im Willy-Brandt-Haus im April 2006 weitgehend darauf verzichtet hatte, Posten mit seinen Vertrauten zu besetzen.

Einer der wenigen Beck-Männer muss so auch seinen Platz räumen: Stefan Ramge, bislang Leiter jener Abteilung, die künftig Mikfeld führen soll. Dies dürften besonders die Gewerkschaften als Verlust verbuchen, da der Arbeitsmarktexperte als wichtiger Kontakt zu den Arbeitnehmervertretern galt. VEIT MEDICK