urdrus kolumne

Die Finte heißt Keiko!

Es hat ja so gut angefangen, dieses Wendejahr 2004: Das Bremer Jungvolk feierte sich und sein neues Lebensgefühl im gaskammervollen Luftschutzbunker am Domshof mit Techno an der Schmerzgrenze und Kolja Beckmann als Grandmaster Zappel dieses Events erläuterte das Faszinosum des Spektakels im unterirdischen Sicherheitstempel der Nazibaumeister vor der Digitalkamera des Weserkurier-Fotografen im neckisch-modischen Military-Look mit den erhellenden Worten „Das ist halt einfach cool.“

Im Zeitungskiosk mit Kaffeeausschank am Waller Ring grüßte man sich nach nachträglichen Neujahrswünschen schon wieder mit der Formel „Na wie geht‘s?“, worauf die Antworten höchst unterschiedlich ausfielen: „Muss ja“ spezifizierte der Optimist und „Beschissen wär geprahlt“ der Realist seine Befindlichkeit.

Derweil freut sich Steinbock Klaus Wedemeier (war mal Bürgermeister dieses Kirchspiels!) auf seinen bevorstehenden 60.Geburtstag, zu dem ihm sein Nachfolger Henning „Brutus“ Scherf persönlich die bremische Ehrenmedaille in Gold überreichen wird. Womit zum einen die organisatorisch-finanzielle Abwicklung des Wiegenfestes gesichert sein dürfte und obendrein auch noch etwas öffentliche Aufmerksamkeit garantiert wird. Neckischer Nebeneffekt: Statt irgendwelcher Geschenke wird um Spenden für das AWO-Altenheim in Danzig gebeten, für das des Geburtstagskindes Ehefrau Ute einst eigenmächtig Flutopferhilfe so ungeschickt umgeleitet hatte, dass die Sache aufflog und nunmehr als Kredit getilgt werden muss. Führt bei der Goldfete am Ende der Schuldenberater die Regie?

Ach, wie schlecht geht es doch dem pensionierten Senatsrat Klaus-Wilhelm Timm immer dann, wenn er auf professorale Lichtgestalten wie Frank „Frankieboy“ Haller trifft und selber titellos nackt vor ihnen steht und sich einzig daran freuen darf, dass er weiterhin als Honorarkraft für den soft-geöffneten Space Park rödeln kann! Inzwischen hat man ein Einsehen mit dieser unwürdigen Situation und will auch ihn auf dem bekannten „Lieber Detlev“-Dienstweg zum Professor ehrenhalber machen – schon damit er sein wertvolles Verwaltungswissen und seine Erfolgsstrategien im Projektmanagement an den Hochschul-Nachwuchs weitergeben kann. Sollte das nach Veröffentlichung dieser Absichten nicht mehr reibungslos über die Bühne gehen, empfehle ich, im noch zu gründenden Space Park-Sternenarchiv einen Himmelskörper unter seinem Namen zu registrieren, frei nach dem Motto „Catch a falling star“. Vielleicht springt ja auch noch eine Position als Klingonen-Häuptling dabei heraus!

Kreativen Umgang mit Investitionsruinen bewies das niedersächsische Stadthagen, dessen Haushalt vom defizitären Spaßbad Tropicana in den Würgegriff genommen war: Rechtzeitig zur Jahreswende brannte dieser Waterpark bis auf die Grundmauern nieder und schuf damit Freiraum für neue Wolkenkuckucksheime und kommunale Bauherren-Abenteuer. Vielleicht ließe sich das in Gröpelingen ja als extraterrestrischer Terrorangriff inszenieren!

Auch sonst heißt es für Bremen bekanntlich „Von der Provinz lernen, heißt siegen lernen!“ Nachdem bislang das benachbarte Oldenburg mit der größten Kohl & Pinkel-Party lockte, will es diesmal auch die künftige Kulturhauptstadt wissen und inszeniert in der inspirierenden Dreiecksbeziehung von Stadthalle, Haake-Beck und Weserkurier zu den diesjährigen Sixdays „Deutschlands größte Kohlfahrt“. Kassler und Pils bis zum Erbrechen und kollektive Blähung in Konkurrenz zum satten Sound von Klaus & Klaus: welch Bekenntnis zur Eigenstaatlichkeit!

Ich bin nun wirklich der Letzte, der für einen neuen Containerterminal eintritt, der viel Geld kostet, Landschaft verbraucht und am Ende doch nur vor sich hin gammeln wird. Gegen diesen Bau aber mit der Schutzwürdigkeit eines Fischleins zu argumentieren, das „Finte“ heißt, halte ich nicht für angeraten, liefert man den Befürwortern des Projekts doch damit allzu billige Rhetorik-Munition. Für die Umbenennung der „Finte“ in „Keiko“ plädiert daher mit Nachdruck

Ulrich
„Nemo“ Reineking