Der Krieg der Argumente

Auf Einladung von Attac diskutieren der FU-Politologe Elmar Altvater und der CDU-Politiker Wolfgang Schäuble über den drohenden Irakkrieg. Das studentische Publikum zeigt sich erstaunlich fair

von STEFAN WELLGRAF

„Die Zeit des Diskutierens ist vorbei, was wir jetzt brauchen, ist: ziviler Ungehorsam“, rief ein Funktionär von Attac am Ende der Debatte. Das Publikum jubelte, und Wolfgang Schäuble saß stumm an seinem kleinen Extratisch neben dem Podium. Schäuble war Gast einer von den Attac-Hochschulgruppen organisierten Diskussion zum Thema „Irak – ein gerechter Krieg?“ in der Humboldt-Universität. Mit ihm diskutierte Elmar Altvater, Politikprofessor an der FU. Moderiert wurde die Veranstaltung von der taz-Redakteurin Bettina Gaus.

Die Ausgangssituation schien klar: auf der einen Seite der konservative Politiker Schäuble, der eisern die Blutsfreundschaft mit Amerika verteidigt, auf der anderen mit Altvater eine Symbolfigur der linken Globalisierungs- und Kriegskritik. Dazu ein überfüllter Hörsaal mit rund 350 lautstarken Studenten.

Und schnell waren sie wieder da, die alten Fronten: links gegen rechts, Christdemokrat gegen Friedensbewegung, dunkle, muskelbepackte und bewaffnete Schäuble-Bodyguards gegen junge, schlanke Attac-Ordnerinnen mit weißen Armbinden. Doch etwas war anders. Es gab keinen Kampf, keinen Hass, keine Beleidigungen. Argumente wurden ausgetauscht, man hörte einander zu. Meistens zumindest.

Schäuble betonte zunächst, dass nur mit einer gemeinsamen Haltung von EU, Nato und UN eine friedliche Lösung des Irakkonflikts möglich sei. Gleichzeitig schloss er Gewalt als letztes Mittel gegen Saddam Hussein nicht aus. Altvater kritisierte die Politik der US-Regierung und warf ihr ökonomischen Imperialismus vor. Dabei erläuterte er die These, dass der Krieg gegen den Irak letztlich auch ein Kampf zwischen Europa und Amerika sei. Danach brauche die USA die Vorherrschaft über den Ölhandel, um die Ölpreisbindung an den Dollar zu garantieren und somit die Vorherrschaft gegenüber dem Euro zu verteidigen.

Beide bekamen für ihre Statements Applaus. Keiner wurde ausgepfiffen, lediglich bei streitbaren Aussagen gab es Widerspruch vom Publikum. Schäuble entschuldigte sich sogar für den Fall, dass ein Vergleich nicht ganz passend war. Er versuchte, ökonomischen Fragen, dem Spezialgebiet Altvaters, auszuweichen und zitierte lieber die UN-Resolution 1441 und die jüngste EU-Erklärung. Dabei wirkte er angestrengt, aber ehrlich bemüht, seine Zuhörer zu überzeugen. Altvater dagegen sprach eloquenter, versuchte mit eingängigen Thesen zu punkten und hatte die Mehrheit des Publikums auf seiner Seite.

In der abschließenden Diskussion brach dann doch die Angespanntheit der Zuhörer hervor. Die Beiträge wurden hitziger. Störende Zwischenrufe wurden aber vom Publikum selbst mit zur Ruhe mahnenden Gesten gedämpft. So wurde einer Amerikanerin, die „Nieder mit der UN!“ schrie, das Mikrofon entzogen. Schäuble blieb dabei ruhig an seinem Platz und diskutierte danach mit einem Studenten Einzelaspekte der UN-Resolution.

Nach 90 Minuten war die Veranstaltung vorbei. Das Angebot, unter den Studenten weiterzudiskutieren, wurde nicht angenommen. Schnell gingen alle friedlich auseinander. Gut, dass man mal mit der anderen Seite geredet hat.