Rassismus ein Randproblem?

betr.: „ ‚Du‘ kann eine Beleidigung sein“ (Weil er einen Polizisten geduzt hat, soll der Grünen-Abgeordnete Özcan Mutlu 2.000 Euro Strafe zahlen. Die zweite Person Singular bedeutet im Umgang mit der Ordnungsmacht eine Herabsetzung), taz vom 17. 12. 03

Ich habe berechtigte Gründe zu glauben, dass einem blonden – auch einem Polizeimeister bekannten – Politiker das Parken auf dem Parkplatz der Aziz-Nesin-Grundschule nicht verwehrt worden wäre. Rassismus ist in unserer Gesellschaft ein Randproblem von Randgruppen, möchten alle aufgeklärten Menschen gern glauben, die die draus erwachsenen Probleme im New York der Siebziger- und Achtzigerjahre und in den Banlieues von Paris als weit entfernte Probleme zur Kenntnis genommen haben.

Die Erlebnisse meiner Schüler mit deutschen Wacht- und Hauptwachtmeistern haben in mir schon vor mehr als zehn Jahren die Furcht geschürt, dass die Eskalation von Hass auch uns bald bevorstehen würde. Die Drohanrufe, die Ö. Mutlu von der rassistischen Klientel dieser Stadt nach dem Urteil bekommen hat, sprechen für sich. Die Hass-Exzesse, die aus der anderen extremen Ecke zu erwarten sind, werden eine Reaktion auf ein hochgespieltes Verfahren sein, das, wäre es nicht ein Signal, nur als ärgerliche Zeit- und Geldverschwendung angesichts der immer wieder beschworenen Überlastung von Polizei und Gerichten abgetan werden könnte.

ANNE SCHMIDT, Lehrerin der benachbarten Schule C. v. Ossietzky