MEHR WETTBEWERB IM STROMSEKTOR WÜRDE VIELEN NUTZEN
: Allein es fehlt der Glaube

Die Bundesregierung reagiert auf das Wehklagen der großen Stromverbraucher und -versorger mit einer erfreulichen Absicht: Sie will die Zuschläge für die Förderung des Ökostroms weiter auf alle umlegen und nicht nur auf Handwerk und private Verbraucher. Und sie will endlich etwas für den Wettbewerb unter den deutschen Stromlieferanten tun. Bravo, kann man da nur rufen – allein es fehlt ein wenig der Glaube an die Durchsetzungskraft der Regierungsmannschaft in Berlin.

Natürlich ist es ein Fortschritt, dass auch die SPD Handlungsbedarf in der Strombranche sieht. Immerhin sind Teile dieser Partei fester Bestandteil des Gekungels aus Konzernen, Gewerkschaften und Kommunen in diesem Bereich. Dort wird seit Jahren von Liberalisierung gefaselt und wie hart die doch sei – aber die alten Gebietsmonopole bestehen weiter, die Durchleitung ist nach wie vor von der Gnade der großen Konzerne abhängig, und die Strompreise werden von einer Hand voll Firmen auf undurchschaubare, um nicht zu sagen: unkontrollierte Weise festgelegt. „Liberalisierung“ dient hier vor allem als Ausrede für Entlassungen und hohe Rabatte für Großkunden – im Gegensatz zu weitaus niedrigeren Ermäßigungen für Kleinverbraucher und private Haushalte.

Seit langem versucht die Stromindustrie, durch regelmäßiges Klagen über die angeblich teure Förderung von Wind- und Sonnenenergie von diesem Kuddelmuddel abzulenken. Dabei kostet die Umlage für erneuerbare Energien pro Kilowattstunde nur einen Bruchteil dessen, was etwa die großen Verbundunternehmen für die Durchleitung kassieren. Deshalb muss entweder eine eigene Überwachungsstelle für den Strommarkt her, ähnlich der der leidlich funktionierenden Regulierungsbehörde im Bereich Post und Telekommunikation. Oder das Kartellamt muss mit neuen Vollmachten ausgestattet werden: Generelle Kontrolle der Preisgestaltungen – samt Einsicht in Verträge und Kalkulationen – vorher, statt wie bisher aufwendige und Jahre dauernde Gerichtsverfahren im Nachhinein. Anders ist dieser Filzbranche nicht beizukommen, das zeigt nun wirklich die Erfahrung.

Echter Wettbewerb im Energiesektor ist also keineswegs sicher. Die Bataillone in der SPD formieren sich schon: Da laden große Gewerkschaften die Bundesminister zum Rapport vor, da beginnen die Konzerne mit der Propagandaschlacht, da werden die Kommunen mobilisiert, die um die Monopolstellung ihrer Stadtwerke fürchten. Als Gegenmacht bleibt nur eine Art Bund der Geschädigten übrig: Die Grünen und ein paar Ökos in der SPD, weil mehr Wettbwerb die Preise beim Strom drückt und so die Ökosteuer und Förderung der alternativen Energien aus der Schusslinie geraten. Und der große Teil der Industrie, der nicht groß genug ist, um sich gegen die Marktmacht der Stromkonzerne zu behaupten. Ein Sieg dieser Ökos würde sich also lohnen – auch für die Verbraucher. REINER METZGER