Afrika wirft Sonne auf Chirac

Auf dem franko-afrikanischen Gipfel fallen seitens des französischen Präsidenten deutliche Worte zu den Menschenrechten.Die Krisen in Simbabwe, der Elfenbeinküste und der Zentralafrikanischen Republik erleichtern Jacques Chirac die Profilierung

aus Paris DOROTHEA HAHN

Es war der größte und bestbesuchte franko-afrikanische Gipfel der Geschichte. 42 Staats- und Regierungschefs – darunter gewählte Demokraten, Putschisten und Könige – nahmen daran teil, außerdem Minister aus allen 52 geladenen afrikanischen Ländern und der Generalsekretär der UNO. Sie wohnten in den schicksten Hotels der Stadt. Ein ganzer Stadtteil im Pariser Westen war während ihres zweitägigen Treffens für ihre Sicherheit gesperrt – Einkaufszentrum, Parkhaus, Metroeingänge und Durchgangsstraßen inklusive. Am Ende stellten sich die Chefs des Kontinentes gestern Mittag wie ein Mann – eine Frau gibt es in ihrem Kreis nicht – hinter die französische Irakpolitik.

Für Gastgeber Jacques Chirac ist schon diese diplomatische Einheit ein hübscher Erfolg, selbst wenn sie nicht von Dauer sein sollte. Er bestätigt nicht nur, dass Frankreich zumindest in Afrika weiterhin eine Führungsrolle spielen will. Sondern er beeinflusst auch das Kräfteverhältnis im UN-Sicherheitsrat, in dem gegenwärtig mit Kamerun, Angola und Guinea auch drei afrikanische Länder sitzen. Ab März wird Guinea – nach Deutschland – für einen Monat den Ratsvorsitz übernehmen.

Doch im Zentrum des Treffens stand nicht der Irak. Sondern Afrika. Und seine vielen nationalen und internationalen Krisen. Angefangen mit der Elfenbeinküste, deren Präsident Laurent Gbagbo als einziger „frankophoner“ Staatschef nicht nach Paris kam, wo er sich „unter Druck gesetzt“ fühlt, sondern seinen neuen Premierminister Seydou Diarra vorschickte. Mit seinem Fernbleiben erleichterte Gbagbo den in Paris Versammelten die Verurteilung seiner brutalen Politik. Sämtliche Gipfelteilnehmer riefen Gbagbo dazu auf, das vor einem Monat in Marcoussis bei Paris zwischen allen streitenden ivorischen Parteien ausgehandelte Abkommen über eine Regierung der nationalen Versöhnung in die Tat umzusetzen.

Umstrittener, weil mit den widerstrebenden Interessen mehrerer Nachbarländer zusammenhängend, ist der Konflikt in der Zentralafrikanischen Republik, wo die Kämpfe auch während des Pariser Gipfels weitergingen. Gegen Staatschef Ange-Félix Patassé hatten Menschenrechtler wenige Tage vor dem Gipfel eine Klage vor dem Internationalen Strafgerichtshof angestrengt. Er ist der erste Staatschef überhaupt, den ein solches Verfahren trifft. Auf die Journalistenfrage, ob er einer Vorladung vor das Gericht folgen würde, antwortete Patassé in Paris mit schallendem Gelächter. Dann deutete er vage eine „Verleumdungsklage“ gegen die Internationale Liga für Menschenrechte (FIDH) an, die die Klage eingereicht hatte.

Der Ton bei dieser „22. Konferenz der Staatschefs von Frankreich und Afrika“ war anders als bei früheren Gipfeln dieser Art, wie sie seit der Entkolonisierung im Zweijahresrhythmus stattfinden. Weniger höflich. Weniger geschliffen. Mit Vokabeln, die in Frankreich en vogue sind, seit die neogaullistische Rechte alle Macht in den Händen hält, erklärte Chirac seinen Gästen, mit „Straflosigkeit“ für Verbrechen sei es nunmehr vorbei. Im Laufe des Treffens rammte er weitere Pflöcke ein. Erstmals sprach er von „Todesschwadronen“, die im Regierungssitz Abidjan in der Elfenbeinküste im Einsatz seien. Und aus Chiracs Umfeld verlautete, er habe auch mit dem simbabwischen Präsidenten Robert Mugabe ob dessen Menschenrechtsverstößen im Vier-Augen-Gespräch Tacheles geredet.

Der französischen Einladung an Mugabe, gegen den in Europa Sanktionen und unter anderem auch ein Reiseverbot in Kraft sind, hatte die EU nur zähneknirschend zugestimmt – als Ausnahme. Frankreich begründete seine Einladung damit, dass mehr als ein Dutzend afrikanische Staatschefs auf Mugabes Kommen bestanden und andernfalls mit ihrem eigenen Fernbleiben gedroht habe. Außerdem, so der Élysée-Palast, habe Frankreich „alle afrikanischen Länder außer Somalia“ (wo es gegenwärtig keine Regierung gibt) eingeladen. Letztere Einschätzung geht allerdings davon aus, dass die Westsahara kein Land ist.

Als Geste Frankreichs gegenüber den afrikanischen Gästen kündigte Chirac an, er werde sich in „allen internationalen Gremien“ – auch bei dem nächsten G-8-Gipfel, der in diesem Sommer in Frankreich statfindet – für eine Erleichterung des Zugangs afrikanischer Produkte zu den internationalen Märkten einsetzen und dafür, dass europäische Subventionen die afrikanische Landwirtschaft nicht länger ersticken. Ausnahmeregeln für Afrika im Welthandel seien, so Chirac, für „mindestens zehn Jahre“ nötig.