: Mit Schokolade gegen Schwarzarbeit
Bis Juli soll das Gesetz gegen Schwarzarbeit fertig sein: Dann müssen alle, die im Haushalt jobben lassen, Rechnungen verlangen – oder es hagelt Bußgeld. Nachbarschaftshilfe darf nur noch in Naturalien wie etwa Süßigkeiten bezahlt werden
VON ULRIKE HERRMANN
Manchmal müssen Nachrichten nur richtig präsentiert werden, um für viel Wirbel zu sorgen: Zu Silvester überraschte die Süddeutsche Zeitung damit, dass sie ausführlich einen Gesetzentwurf zur Schwarzarbeit referierte. Seither ist er Thema, denn es schien, als würde Geheimwissen zirkulieren – dabei hatte das Bundesfinanzministerium diesen Gesetzentwurf bereits im Oktober vorgestellt. Die Endfassung ist längst im Internet einzusehen (www.bundesfinanzministerium.de).
Neu ist allenfalls der Zeitplan – er wurde leicht nach hinten verschoben. Ursprünglich sollte das Gesetz schon im Mai in Kraft treten. Nun soll sich der Bundesrat damit abschließend am 9. Juli befassen; das Kabinett entscheidet bereits im Februar.
Das geplante Gesetz schafft zunächst einmal Ordnung: Verstreute Vorschriften sollen zusammengeführt werden; erstmals wird „Schwarzarbeit umfassend definiert“. Gleichzeitig werden die Zuständigkeiten des Zolls genauer gefasst. Künftig werden sich dort rund 7.000 Beschäftigte dem Kampf gegen die Schwarzarbeit widmen. Darunter sind 2.800 ehemalige Mitarbeiter der Bundesanstalt für Arbeit, die zum Zoll wechseln. Insgesamt erhofft sich der Finanzminister Mehreinnahmen von 1 Milliarde Euro.
Wesentliche Verschärfung: Unternehmen sollen künftig bis zu drei Jahre lang von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen werden, wenn sie schwarz arbeiten lassen. Und wer dabei Sozialabgaben hinterzieht, der muss nun mit Strafen rechnen, die auch bei anderen Betrugsfällen möglich sind – also mit Geldstrafen oder Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren. In schweren Fällen sind auch zehn Jahre möglich.
Um die Bürger nicht völlig zu verschrecken, hat das Finanzministerium eine Beruhigungspille parat: „Nachbarschaftshilfe ist auch weiterhin zulässig.“ Allerdings darf kein Geld gezahlt werden, nur „kleine Aufmerksamkeiten“ sind erlaubt. Schokolade ist also noch möglich, wenn der Junge von nebenan den Fußweg vor der Haustür fegt.
Um die Schwarzarbeit in den privaten Haushalten besser in den Griff zu bekommen, sind die Kunden künftig verpflichtet, eine Rechnung zu verlangen – und zwar auch von Privatleuten, nicht nur von Firmen. Die Unterlagen sind zwei Jahre lang aufzubewahren. Wer keine Rechnung präsentieren kann, wenn der Zoll vorbeikommt, muss mit einem Bußgeld in einer Höhe von bis zu 1.500 Euro rechnen.
Allerdings konnte es auch bisher schon teuer werden, Haushaltshilfen nicht legal zu bezahlen: Es gilt als Ordnungswidrigkeit und kann mit bis zu 25.000 Euro geahndet werden. Darauf weist die Bundesknappschaft hin, die Zentrale für Minijobber. Da jedoch bisher kein Rechnungszwang bestand, war der Nachweis oft schwierig.
Die private Schwarzarbeit jedenfalls floriert bisher: Die Bundesknappschaft schätzt, dass es in den Haushalten etwa 2,9 Millionen illegal Beschäftigte geben dürfte. Korrekt gemeldet hingegen waren zuletzt ganze 45.405.
Dabei werden den Haushalten großzügige Steuergeschenke offeriert, wenn sie ihre Haushaltshilfen offiziell mit einem Minijob beschäftigen. Zwar fallen zusätzlich zu den 400 Euro Lohn noch 13,3 Prozent an Beiträgen und Steuern an – aber diese Belastung zahlt der Fiskus fast komplett zurück. Um 510 Euro lässt sich die Steuerschuld jährlich senken, wenn man einen Minijobber in seinem Haushalt beschäftigt.
Allerdings setzt diese Rechnung voraus, dass man Steuern zahlt. Doch die meisten privaten Arbeitgeber von Putzhilfen dürften Rentner sein – für sie sind die Steuervergünstigungen oft uninteressant, weil sie nichts mehr an den Fiskus abführen.
Nicht um illegale, sondern um ganz legale Minijobber kümmerte sich kürzlich das Bundessozialgericht in Kassel. Es ging um den Spezialfall der freiwillig versicherten Minijobber. Sie mussten bisher den vollen Beitrag zur Krankenkasse zahlen. Bei gesetzlich versicherten Minijobbern hingegen war dies mit der Pauschale der Arbeitgeber erledigt.
Dies hat das Bundessozialgericht kurz vor Weihnachten verworfen. Müssen die Kassen nun 500 Millionen Euro zurückzahlen, wie spekuliert wurde? „Uns liegt das schriftliche Urteil noch nicht vor“, hieß es bei den Krankenkassen gestern schlicht.
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