Erfolgreich ohne Bohlen-Manier

Stefanie Gottschlich, Fußball-Weltmeisterin, glaubt nicht an Frauen in hoch klassigen Herrenteams und zieht ihren Arbeitsplatz bei VW einem Leben in Saus und Braus vor

Wolfsburg taz ■ taz: Es ist schwierig, einen Interviewtermin mit Ihnen zu vereinbaren. Ist der Rummel um Sie so groß?

Stefanie Gottschlich: Der Rummel um die Nationalelf ist schon groß, gerade zum Jahreswechsel noch einmal. Jeder will uns präsentieren. Jüngst waren wir innerhalb einer Woche bei Johannes B. Kerner zu Gast, bei Starkoch Eckart Witzigmann zum Essen eingeladen und wurden vom Kanzler empfangen.

Fühlen Sie sich wohl in diesem Rummel?

Es ist interessant für Momente in diese Welt reinzuschlüpfen, aber immer auf dem Präsentierteller zu sein, dass ist nicht meine Sache. Ich lebe lieber in meiner eigenen kleinen Welt.

Gibt es diese eigene kleine Welt denn noch? Immerhin wurden Sie von den Medien zur berühmtesten Tochter der Stadt erkoren.

Das ist übertrieben. Natürlich wird man jetzt schon anders angeguckt. Aber Damenfußball ist weder in Wolfsburg noch im gesamten Land besonders angesehen – ich bin jetzt bestimmt nicht Dieter Bohlen.

Trotzdem, konnten Sie vom Erfolg finanziell profitieren, zum Beispiel durch Werbeverträge?

Ich speziell habe gar nichts bekommen, aber ich renne da auch nicht hinterher. Überhaupt haben nur wenige in der Nationalelf vom Erfolg profitiert. Vielleicht haben die Mädchen in zehn Jahren etwas von unserem Erfolg.

Sie spielen in der Liga für den VfL Wolfsburg, der eher im Mittelfeld steht. Gab es Wechselabsichten der Weltmeisterin?

Angebote von anderen Clubs hat es gegeben. Aber ich bin bei VW angestellt, von daher kommt ein Wechsel nicht in Frage. Lieber habe ich einen sicheren Arbeitsplatz, als mich Deutsche Meisterin zu schimpfen.

Eigentlich spielten Sie für den WSV Wendschott, der vergangenen Sommer in den VfL Wolfsburg integriert wurde. Ist diese Zusammenführung aus ihrer Sicht erfolgreich verlaufen?

Ja, alles ist jetzt viel professioneller geworden. Wendschott war eben nur ein Dorfverein. Da musste man schon mal um fünf Uhr morgens aufstehen, weil man um elf ein Spiel in Rheine hatte. So etwas kommt heute nicht mehr vor.

Sie haben einmal Folgendes gesagt: „Vor fünf Jahren war ich noch neidisch auf die Männer-Bundesliga, jetzt nicht mehr.“ Gilt das noch, wo Sie die professionelleren Strukturen loben und große mediale Aufmerksamkeit kennen gelernt haben?

Das gilt immer noch. Mir ist die Abwechslung wichtiger ist als immer nur Fußball, auch von den Leuten her. Die lange WM-Vorbereitung war schon gut, man hat freundschaftliche Bande geknüpft, aber ich möchte auch Dinge neben dem Fußball sehen. Außerdem, wenn ich sehe wie viel Geld die Männer bekommen und was dann dafür teilweise geleistet wird – da bekomme ich lieber weniger und bringe trotzdem meine Leistung.

Vielleicht könne Sie das ja bald unter Jürgen Röber beweisen. Birgit Prinz liegt auch schon ein Angebot vom italienischem Erstligisten AC Perugia vor. Wann verstärken Sie die „Wölfe“?

Gar nicht. Das ist illusorisch, was da geschrieben wird. Wir haben doch schon Probleme mit B-Jugendlichen mitzuhalten. Interview: HOLGER SCHLEPER