Sieg für Szolkowy-Sawtschenko

Menschen, die einfach gut zueinander passen. Oder: Wie ein dicker russischer Fotograf die deutschen Meisterschaften im Eiskunstlauf 2004 entschied

Die schönste Erkenntnis der Deutschen Meisterschaften 2004 führt aus der Eishalle ins Leben und wieder zurück. Sie lautet: Irgendwo da draußen laufen Menschen rum, die so gut zueinander passen, als wären sie füreinander gemacht – aber irgendwer muss dafür sorgen, dass sie einander begegnen. Im Falle der neuen, überaus hoffnungsvollen Meister im Paarlauf war es ein dicker russischer Fotograf, der dem Chemnitzer Robin Szolkowy flüsterte, in Kiew gebe es die partnerlose Paarläuferin Aljona Sawtschenko. Dem Manne gebührt der Orden für den Tipp des Jahres, denn Sawtschenko und Szolkowy gewannen am Sonntag in Berlin nicht nur nach wenigen Monaten des gemeinsamen Trainings den Meistertitel, sondern sie gewannen ihn auf eine Art, die zu den schönsten Hoffnungen berechtigt.

Allerdings nicht mehr in diesem Winter, denn die Ukrainerin wird wegen des Verbandswechsels erst im nächsten Jahr international für die Deutsche Eislauf-Union startberechtigt sein. Es lohnt sich zu warten, denn eine Paarläuferin vom Talent Sawtschenkos, die im Jahr 2000 schon mal Junioren-Weltmeisterin war, hat es in deutschen Landen schon lange nicht mehr gegeben. Die Kür der beiden war der Höhepunkt des Wochenendes, das in schweren Zeiten für den deutschen Eiskunstlauf ein paar überraschend positive Momente bot. Am Samstag standen die Zuschauer vor den Kassenhäuschen Schlange, für beide Tage des Wochenendes meldeten die Berliner 2.000 Zuschauer im ausverkauften Haus.

Eva-Maria Fitze (München) und Rico Rex (Chemnitz) konnten zwar den im vergangenen Jahr gewonnenen Titel nicht verteidigen, zeigten aber als Zweite am Sonntag unter schwierigen Bedingungen eine respektable Leistung und qualifizierten sich damit auch für die Europameisterschaften Anfang Februar in Budapest. Dieser zweite Platz sei ihr fast wichtiger als der Sieg vom vergangenen Jahr, meinte Fitze, denn der Druck in den vergangenen Wochen sei extrem groß gewesen.

Die Steigerung der Meister gegenüber dem Vorjahr war frappant, und ohne diese Verbesserung hätte Stefan Lindemann (Erfurt) in einem starken Wettbewerb sicher nicht seinen dritten Meistertitel nach 2000 und 2002 gewonnen. Zwar stürzte er beim Versuch des vierfachen Toeloop, lief aber danach eine dynamische, auch choreografisch stark verbesserte Kür und wurde dafür sogar in der B-Note mit einer 5,8 belohnt. Mit Genugtuung nahm er hinterher das Lob dafür entgegen. Als er vor einem Dreiviertel Jahr in der internen DEU-Qualifikation für die Weltmeisterschaft nur Dritter geworden war und damit nicht zur WM hatte fahren dürfen, hatte er in seinem Frust schon mal daran gedacht, die Karriere zu beenden. Umso glücklicher ist Lindemann jetzt, sich anders entschieden zu haben. Siehe oben; das Glück braucht halt manchmal eine zweite Chance. DORIS HENKEL