„Aber so bin ich“

Margarethe Schreinemakers „bringt Power in den Nachmittag“. Behauptet die ARD. Und sendet ab heute ihren Comeback-Talk (Mo. bis Fr., 14.10 Uhr)

INTERVIEW: JAN FREITAG

taz: Frau Schreinemakers, wie wichtig sind Ihnen Inszenierungen?

Margarethe Schreinemakers: Ich habe einiges inszeniert, aber niemals die Wahrheit. Schauspieler zum Beispiel anstelle realer Gäste, das finde ich grausam.

Nehmen wir den 22. August 1994, Ihre Steuerabrechnung bei Sat.1, bei der Sie abgeschaltet wurden.

Das war die einzige Chance, mich in einem Ermittlungsverfahren zu rechtfertigen. Wenn du schuldlos kriminalisiert wirst, ist es ein Reflex, dich zu wehren.

Und das haben Sie live getan.

So gut ich das konnte. Ich hatte gerade ein Baby bekommen und war noch nicht fit. Zeig mir mal den, der immer ein perfektes Konzept für die Krise hat.

Es passte jedenfalls zu Ihrem Ruf als emotionale Talkerin.

Wissen Sie, ich komme nicht aus begütertem Elternhaus. Und von daher waren die Interessen, die mit dieser Herkunft verbunden waren, mitten im Leben. Das ist eine Prägung, mit der du eine Antenne für solche Themen hast.

Droht bei emotionaler Nähe nicht Distanzverlust zum Gast?

Ich habe eine engagierte Distanzlosigkeit. Wir haben Aids aufgedeckt und den BSE-Skandal. Wir haben da hart recherchiert und Dinge gebracht, die andere nicht bringen. Damit machst du dich angreifbarer. Aber so bin ich.

Sind Titel wie „Sozialdomina“ oder „Mutter Teresa des Fernsehens“ Ritter- oder Tiefschläge?

Das geht mir sonstwo vorbei. Ich bin kein Verfechter von Bad News, sondern glaube, dass Menschen besser sind, als sie beschrieben werden.

Kriegen Sie deshalb von Kritikern stets Ihr Fett weg?

Darüber hab ich lange gerätselt. Aber wenn die Nation nur aus Kritikern bestünde, hätte ich nicht diese Quoten gehabt. Mein Erfolg lag in der Bestätigung der Menschen.

Jetzt also wieder täglich „Schreinemakers“. Alter Wein in neuen Schläuchen?

Das ist Fernsehen immer. Man kann es ums Verrecken nicht mehr neu erfinden. Wichtig finde ich: Wer guckt um 14 Uhr? Das sind Frauen, Kinder, Arbeitslose. Was für Bedürfnisse haben die? Und da ist es neu, dass wir interaktives Infotainment machen. Die Zuschauer können ihre Themen eingeben, übers Internet, per Brief, Fax. So kann Frau Müller ihr Thema mit uns realisieren. Zuschauer als freie Mitarbeiter der Redaktion ist ein völlig neuer Ansatz.

Es geht um Schicksale, Gesundheit, Klatsch – das ist von anderen Nachmittagstalks nicht so weit weg.

Für mich sind Themen aus dem Leben wichtig. Was bedeuten Schlagzeilen im Kleinen, wie trifft es Einzelne? Es gibt ein Forum für Kinder und Jugendliche, wo sie sich zu Wort melden können. Ich will ein Programm für Generationen machen.

Also ein prominentenfreies Format mit Normalbürgern?

Ich finde Prominente toll, wenn sie zu einem Thema aus eigener Erfahrung was zu sagen haben. Dieter-Thomas Heck, der Schnellsprecher der Nation, hat massiv gestottert. Bei mir hat er beschrieben, wie er das überwunden hat. Wenn das Thema es hergibt, wird gemischt.

Sie sind keine besonders harte Fragerin?

Kommt drauf an. Bei BSE muss keiner durch die Tür kommen und Blabla sagen. Da will ich wissen, was passiert. Aber wenn einer kein Medienprofi ist und stockt, dann sei gefälligst für ihn da.

Mögen Sie lieber Charismatiker ohne Aussage oder Langweiler mit Inhalten?

Bis auf eine Kategorie hatte ich nie Langweiler, die viel zu sagen hatten – und die heißt Politiker.