Wien walzt wieder rechts herum

Österreichs ÖVP-Kanzler Schüssel verhandelt zuletzt doch mit FPÖ-Rechtspopulisten

WIEN taz ■ Die alte Regierung wird die neue sein – zumindest was die Koalitionspartner betrifft. Donnerstag abend hat der ÖVP-Vorstand auf Betreiben Wolfgang Schüssels beschlossen, mit der rechtspopulistischen FPÖ zu verhandeln. Eine Woche, nachdem mit den Grünen über mehr Bürgerrechte, flexiblere Ausländerpolitik und Ökologisierung des Steuersystems diskutiert wurde, geht es jetzt mit der FPÖ wieder in die entgegengesetzte Richtung. Eine Koalition mit den Sozialdemokraten verwarf Bundeskanzler Schüssel mit Hinweis auf deren fehlende Geschlossenheit. Zwar habe er mit SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer gute und konstruktive Gespräche geführt, doch zweifle er am Reformwillen von Gewerkschaften und Landespolitikern.

Die mangelnde Geschlossenheit der eigenen Truppe sorgt dem Kanzler weniger. Die Landeshauptleute Erwin Pröll, Niederösterreich, und Josef Pühringer, Oberösterreich, hatten gegen den Beschluß gestimmt, der Tiroler Herwig van Staa und Wirtschaftsbundpräsident Christoph Leitl enthielten sich. Schüssel: „Ich freue mich, wenn diskutiert wird und respektiere auch andere Meinungen.“ In den drei Bundesländern stehen demnächst Landtagswahlen an. Ein Bündnis mit der durch inneren Zwist und herbe Wahlschlappen abgewirtschafteten FPÖ wird da als schädlich betrachtet. Die Entscheidung, so ein Landeshauptmann, sei viel knapper gewesen, als das Abstimmungsergebnis erkennen ließe.

Die Koalitionsverhandlungen werden vermutlich schnell abgeschlossen, denn zwischen ÖVP und FPÖ wurde in den vergangenen Wochen vieles ausdiskutiert. Die FPÖ verzichtet auf ihre Forderung einer raschen Steuerentlastung und ist bereit, ein hartes Sparpaket von fünf bis acht Milliarden Euro mitzutragen. Grünen-Politikerin Madeleine Petrovic sprach in einer ersten Reaktion von einer „unverständlichen Lösung“. Man müsse sich fragen, wofür überhaupt gewählt wurde. RALF LEONHARD