Ein Ende der Standleitung

Selbst unter Druck geratene Kassenprüfer des FC St. Pauli sprechen in einem Bericht an den Aufsichtsrat von „Erstaunen“ über neueste Veröffentlichungen von Vereinsinterna in der Springer-Presse. Tatjana Groeteke und Christian Pothe unter Verdacht

von OKE GÖTTLICH

Wer steckt hinter den seit Monaten in den Medien kursierenden Anschuldigungen gegen FC St. Pauli-Manager Stephan Beutel und hinter der Weitergabe vereinsinterner Informationen an die Presse? Eine Frage, die den FC St. Pauli seit Monaten beschäftigt und außerdem Erklärungen dafür liefert, warum Interims-Präsident Corny Littmann seit Amtsbeginn die Beschäftigungsverhältnisse ehemaliger MitarbeiterInnen wie der Leiterin der Geschäftsstelle Tatjana Groeteke und des Vizepräsidenten Christian Pothe mit intern teils kritisiertem Eifer beendet hat.

Nun haben die beiden Kassenprüfer des Vereins, Lars Sörensen und Martin Plotzki, einen Brief an den Aufsichtsrat verfasst, der den Weg eines vertraulichen Papiers vom vereinsinternen Gremium an die Medien nachvollziehbar machen könnte.

Sowohl Sörensen wie Plotzki, ansonsten übrigens ein Kritiker Beutels, fragten das Präsidium, ob sie die inzwischen entlassene Groeteke sowie den noch als Vizepräsidenten amtierenden Christian Pothe zu buchhalterischen Zusammenhängen aus der Zeit vor dem neuen Präsidium Littmann befragen könnten.

Das Präsidium unterstützte im Zusammenhang mit dem Vorwurf Groetekes, es gäbe schwarze Kassen innerhalb des Vereins, das Anliegen. Bei einem Treffen am 26. Januar 2003 wurden die Kassenprüfer von der damals bereits entlassenen Groeteke „auf die Vorgänge“, wie es in dem Schreiben heißt, bezüglich Beutels „Autoaffäre“ (taz berichtete) hingewiesen und bekamen die „Rechnung aus der Buchhaltung in Kopie“. Diese Rechnung belegt wohl eine versehentliche Bezahlung einer privaten PKW-Inspektionsrechnung Beutels durch den Verein.

„Mit Erstaunen haben die Kassenprüfer des FC St. Pauli die Veröffentlichung des Hamburger Abendblattes und der Bild zur Kenntnis genommen“, heißt es in dem Bericht weiter. Diesem Papier nach müsste Tatjana Groeteke von dem buchhalterischen Versehen, bei dem es um 190 Euro ging, schon seit Monaten gewusst haben, ohne es jedoch vereinsintern thematisiert zu haben. Die Rechnung stammt aus dem Jahr 2001. Corny Littmann kommentiert: „Ich finde es absolut widerwärtig, wie bewusst Informationen zurückgehalten werden, um Stimmungen vor einer Mitgliederversammlung zu beeinflussen.“

Stephan Beutel selbst hingegen bekräftigt, „nichts von dieser Rechnung gewusst zu haben. Sonst hätte ich sie doch bezahlt“, erklärt er. Erst jetzt, strategisch günstig vor der außerordentlichen Mitgliederversammlung am morgigen Dienstag, wurde diese Unregelmäßigkeit in Bild und Abendblatt dem Manager öffentlich vorgeworfen. Dem Bericht der Kassenprüfer nach soll Pothe in der Funktion als Vizepräsident explizit eine Kopie der Belege angefordert haben. „Ich bin empört über diesen Vorfall“, sagt Aufsichtsratsvorsitzender Jost Münster. Inzwischen wiesen für ihn im Zusammenhang mit der medialen Ausschlachtung von Vereinsinterna „zahlreiche Verdachtsmomente“ auf Groeteke und Pothe hin.

Konnten früher die Zusammenhänge mit einer beispielsweise verfrüht im Hamburger Abendblatt auftauchenden Bilanzveröffentlichung nicht von Vereinsseite geklärt werden, spricht in dieser Erklärung der Kassenprüfer „vieles dafür, dass Groeteke und Pothe es gewesen sind“, erklärt Münster. Weswegen die Kassenprüfer den Aufsichtsrat nun informiert haben, erklärt sich für Jost Münster folgendermaßen: „Die Kassenprüfer haben scheinbar mitbekommen, dass sie seit längerem instrumentalisiert worden sind. Endlich haben sie sich entschieden, den vereinsinternen Weg zu gehen und sich an den Aufsichtsrat zu wenden.“ In einer Pressemitteilung forderte der Verein Pothe und Groeteke gestern zu einer Stellungnahme auf, „weil es sich um vereinsschädigendes Verhalten handeln würde.“