Werders langer Winterschlaf

Die Bremer Fußballprofis müssen nach dem peinlichen 0:1 gegen Energie Cottbus weiter auf ihren ersten Sieg in der Rückrunde warten. Sportdirektor Allofs ruft schon mal eine „Krise“ aus

taz ■ Es muss weit gekommen sein mit dem SV Werder, wenn selbst der notorisch aufgekratzte Stadionsprecher im Weserstadion schwächelt. Als Trainer Thomas Schaaf in der 82. Minute mit dem Mute der Verzweiflung den Stürmer Nelson Haedo Valdez für Christian Schulz einwechselte, verzichtete der Sprecher darauf, die Ostkurve den Nachnamen des Bremer Spielers brüllen zu lassen – ansonsten ein nicht wegzudenkendes Ritual.

Eigentlich war die Partie bereits nach lächerlichen sechs Spielminuten entschieden gewesen. Ein stümperhafter Fehler von Viktor Skripnik gab Marko Topic die Chance, den Ball – am verdutzten Werder-Torwart Wierzchowski vorbei – trocken ins Netz zu hämmern. In der Folge fanden die Bremer überhaupt kein Mittel gegen die Betonabwehr-Viererkette der sich so langsam vom Tabellenende wegrobbenden Ostdeutschen. Während Cottbus also in diesem Jahr weiter ungeschlagen bleibt, hat Werder auch nach fünf Spielen 2003 nur ein mickriges Pünktchen geholt – und ist mithin das allerschlechteste Team der Rückrunde.

Trainer und Manager der Bremer spulten nach dem tristen Kick ihre Bundesliga-Floskeln herunter, was blieb ihnen anderes übrig. Man habe „im Moment einfach nicht diesen Schwung“, schwadronierte Schaaf, im Angriff fehle „halt die Durchschlagskraft“. Trotzdem habe seine Mannschaft „gezeigt, dass sie nach vorne will – sie kann das zur Zeit nur nicht umsetzen“. Die Verunsicherung in Schaafs ersatzgeschwächtem Team war jedenfalls mit Händen zu greifen. Der griechische Stürmer Angelos Charisteas, der sich gerne „Gyros-Bomber“ nennen lässt, verstolperte seine wenigen Chancen. Möchtegern-Torschützenkönig Ailton blies die Backen auf und rannte unmotiviert ins Abseits. Vom Mittelfeld ist zu schweigen, und die Defensive um Verlaat agierte – freundlich ausgedrückt – nervös.

„Natürlich sind wir in der Krise“, sprach Manager Klaus Allofs das gemeine K-Wort offen aus. Es mache jedoch überhaupt keinen Sinn, „sich jetzt vor die Mannschaft zu stellen und sie anzuschreien“. Man müsse vielmehr „ganz normal arbeiten“, grantelte Schöngeist Allofs. Der sonst als „gnadenloser Schleifer“ gefürchtete Cottbusser Trainer Eduard Geyer geriet hingegen ins Schwärmen: „Meine Mannschaft hat heute mit Hingabe, Moral, sehr, sehr viel Einsatz und Herzblut gespielt“, säuselte Geyer.

Just diese hehren Eigenschaften haben zumindest die Werder-Fans bei ihrem Team vermisst: Nach dem Schlusspfiff am Samstag gab’s ein schrilles Pfeifkonzert für die Grün-Weißen, während den Gästen aus dem Spreewald artig applaudiert wurde. Ihr nettes Plakat „Wacht auf / Winterschlaf ade“ kann die Ostkurve in zwei Wochen erneut aufhängen.

Markus Jox