Schwarz-Grün kommt langsam in die Jahre

CDU und Grüne kooperieren in 13 NRW-Städten. Anderswo sind die schwarz-grünen Experimente bereits Geschichte

DÜSSELDORF taz ■ Schwarz-Grün ist wieder ein Thema. Jürgen Rüttgers und Bärbel Höhn nehmen gemeinsame Pressetermine wahr, die grüne Landespartei streitet über die künftige Bündnisstrategie, Spitzenpolitiker von CDU und Grünen treffen sich zum Reden. Ein gutes Jahr vor der Landtagswahl erscheint eine Koalition zwischen Christdemokraten und Grünen als realistisches Szenario – die Schwächen von SPD und FDP machen es möglich. Dabei sind schwarz-grüne Kooperationen in NRW nichts Neues. Die taz stellt die wichtigsten Bündnisse des letzten Jahrzehnts vor. Unter besonderer Beobachtung steht die vor einem Jahr geschlossene Kooperation in der größten Stadt des Bundeslandes:

Köln

“Es ist mühselig, aber es gibt keine Alternative“, urteilt die Kölner Grüne-Fraktionsvorsitzende Barbara Moritz gegenüber der taz über ein Jahr Schwarz-Grün in der Domstadt. „Ich glaube, dass es sich lohnen kann“, verteidigt sie die Zusammenarbeit mit der CDU gegen innerparteiliche Kritiker. Die strittigen Diskussionen seien bisher fair und konstruktiv gelaufen: „Da wäre mit der SPD nicht mehr heraus zu holen gewesen.“ Neben dem dramatischen Spar-Haushalt haben sich die Grünen auch über die Hochhaus-Bebauung in Sichtweite des Doms und andere stadtentwicklungspolitische Themen gestritten. Die nächste Bewährungsprobe steht dem Bündnis bei der Diskussion um Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen ins Haus. Trotz des Schmusekurses wollen sowohl CDU als auch Grüne ohne Koalitionsaussage in den Wahlkampf ziehen. Die Kooperation wollen die meisten zwar fortsetzen, ihr eigenes Klientel aber nicht verschrecken. FÜB

Mülheim

Wenn Köln die aktuelle schwarz-grüne Modellstadt ist, dann ist Mülheim an der Ruhr die Ex-Musterkommune der öko-konservativen Kollaboration. Bei der Kommunalwahl 1994 beendeten CDU und Grüne die vier Jahrzehnte lange Herrschaft der SPD. Gemeinsam gingen die ungleichen Partner die Sanierung der 180.000-Einwohner-Stadt an. In der mit roten Parteibuchinhabern durchsetzten Verwaltung wurden über 500 Stellen eingespart, Hallenbäder und Stadtteilbüchereien in der hoch verschuldeten Kommune mussten dicht machen. Doch ab 1998 bröckelte die Reformallianz. Beide Seiten konnten sich bei Personalfragen nicht einigen, im Rat wurde immer öfter mit wechselnden Mehrheiten abgestimmt. Noch vor der Kommunalwahl 1999 zerbrach das Bündnis. Heute hat Mülheim wieder eine SPD-Oberbürgermeisterin, die Sozialdemokraten sind stärkste Fraktion im Rat. TEI

Regionalräte

Kaum eine Zusammenarbeit zwischen CDU und Grünen war so erfolgreich wie die schwarz-grüne Ablehnungsfront gegen den Metrorapid in den Regionalräten. Mitte 2002 votierten die Regionalräte Düsseldorf, Münster und Arnsberg gegen die Planungen der Landesregierung für die Magnetschwebebahn. Die Grünen müssten sich von der „verantwortungslosen Blockadepolitik“ der CDU in den Regionalräten klar distanzieren, forderte SPD-Generalsekretär Michael Groschek. Doch in den Kammern der Regierungsbezirke arbeiteten die Kommunal- und Regionalpolitiker von Christdemokraten und Grünen zusammen gegen geplante Metrorapid-Strecken. Nach monatelangem Streit war die Blockade erfolgreich – die Landesregierung verzichtete im vergangenen Jahr auf das Großprojekt. WYP

Gelsenkirchen

Hier arbeiten CDU und Grünen ab und zu zusammen. Gelsenkirchens christdemokratischer Oberbürgermeister Oliver Wittke hat keine Ratsmehrheit – kann sich bei wichtigen Fragen wie Haushaltssanierung oder Rathausumbau aber auf die Grünen verlassen. Bei der punktuellen Zusammenarbeit legt die Öko-Partei Wert auf Distanz. CDU-Annäherungsversuchen gab der grüne Fraktionschef Peter Tertocha einen Korb: „An einem Bündnis mit der CDU besteht bei uns Grünen nicht das geringste Interesse.“ TEI