Dünne Luft bei Druckluft

taz-Serie: Die konkreten Folgen der Etatkürzungen des Landes für Kinder- und Jugendarbeit. Heute: Jugendzentrum Druckluft in Oberhausen

VON NATALIE WIESMANN

Das ‚Druckluft‘ in Oberhausen bangt um seine Zukunft: Von den 40.000 Euro, die das Jugend- und Kulturzentrum bisher jährlich vom Land erhielt, werden im kommenden Jahr schätzungsweise 30 bis 40 Prozent gestrichen. Bereits durch vorangegangene Etatkürzungen musste das „Druckluft“ schon seit Jahren mit einer knappen Personaldecke fahren. Die für den Doppelhaushalt 2004/2005 beschlossenen Streichungen bringen massive Veränderungen mit sich.

Etwa 5.000 Jugendliche zwischen 14 und 27 Jahren gehen im Druckluft monatlich ein und aus. Selbstorganisierte Gruppen veranstalten politische Abende, Punk-Konzerte oder Sprachkurse. Aber diese Jugendlichen müssen auch betreut und vor allem in der Pressearbeit unterstützt werden. „An den 2,5 hauptamtlichen Stellen kann nicht mehr gekürzt werden“, so Christoph Kaiser, der Leiter des Zentrums. Das Druckluft müsse jetzt kommerzieller arbeiten und viele Angebote streichen. „Gruppen, die bei Druckluft eigenständig Konzerte, Infoveranstaltungen, Discos oder Caféabende organisieren, müssen in Zukunft nicht mehr nach ihren inhaltlichen Anliegen, sondern nach ihren Umsatzzahlen bewertet werden“, lautet die düstere Prognose des Sozialarbeiters. „Das widerspricht unserem Verständnis von Jugendarbeit“, sagt er.

Der 27-jährige Guiseppe Pitpitunge ist Mitorganisator der „Übliche Zusammenkunft“ im Druckluft. Das Forum trifft sich wöchentlich und veranstaltet auf ehrenamtlicher Basis Hip-Hop-Jams und seit neuestem eine „Offenen Bühne“ für alle Art von Künstlern. „Mehr als vier Euro für eine Jam können wir nicht verlangen“, kritisiert der Rapper die Zwangs-Kommerzialierung. Das würde die sozial schwächeren Jugendlichen ausschließen. Und unsere Offenen Bühne bringt überhaupt kein Geld ein.“ Ein solches Projekt würde dann wohl als erstes von den Kürzungen betroffen sein, befürchtet er.

Ende November, als die massiven Kürzungen des Landes bekannt wurden, waren Druckluft und die andereren 18 freien Träger für Kinder- und Jugendarbeit in Oberhausen im Streik: Für eine Woche schlossen sie ihre Zentren und trugen den Protest auf die Straße. Sie unterstützten dabei die NRW-weite Volksinitative „Jugend braucht Zukunft“. Auch Guiseppe Pitpitunge reagierte bei den Veranstaltungen auf der Straße im Freisstil-Rap auf die die sozialen Kürzungen. „Ich habe die Erwachsenen dazu aufgefordert, ins Rathaus zu gehen und auf der Liste zu unterschreiben“, sagt er. Er hofft, dass die erforderlichen 0,5 Prozent Bürgerbeteiligung zustande kommen. „Es müsste doch im Interesse aller Eltern sein, dass ihre Kinder nicht auf der Straße herumlungern müssen.“