Elite lehnt Elite-Hochschule ab

Die Universitäten im Ruhrgebiet können über die SPD-Forderung nach einer Elite-Uni nur lachen: Das dichteste Hochschulnetz in ganz Deutschland kann nicht einmal die eigenen Massen versorgen

VON ANNIKA JOERES

Die Idee einer Elite-Universität kommt an den Hoschschulen im Ruhrgebiet nicht gut an. Studierende und ProfessorInnen haben hier mit Kürzungen zu kämpfen, tausende von Stellen müssen abgebaut werden, Langzeitstudierende müssen jetzt 650 Euro pro Semester zahlen.

„Ich halte herzlich wenig von der Elite-Idee“, sagt Lothar Zechlin, Direktor der fusionierten Uni Duisburg-Essen. „Aufgabe der Sozialdemokratie ist es, die Massen zu bilden.“ Ein einzelnes Vorzeigeprojekt bringe niemandem etwas, besser sollten an allen Hochschulen Graduiertenkollege oder Forschungszentren entstehen, die dann jedem zugänglich seien.

Am Wochenende hatte sich SPD-Generalsekretär Olaf Scholz für eine Elite-Universität nach amerikanischem Vorbild ausgesprochen. Den erstklassigen Hoschschulen in England oder Amerika solle etwas adäquates entgegengesetzt werden.

Für den Direktor der Uni Wuppertal, Volker Ronge, ist der Vorstoß der SPD der Versuch, die Länderhoheit in Sachen Bildung zu unterlaufen. „Wenn dann hätte der Vorschlag von der Landesregierung kommen müssen.“ Olaf Scholz quake dagegen nur dummes Zeug in die Welt. „Bisher hat die SPD immer gefordert, die Hälfte aller Jugendlichen solle an die Uni“, dies stünde einer Elite-Uni diametral entgegen. Außerdem gebe es schon jetzt im internationalen Vergleich hervorragende Fakultäten wie zum Beispiel an der Technischen Hochschule in Aachen. Ronge glaubt nicht an die sogenannten Elite-Lehrstätten. „Das ist doch häufig nur ein Image.“

Auch die Bochumer Ruhr-Universität will keine elitären Vergleiche. „Bochum ist besser als die amrikanische Durchschnitts-Uni in Dakota oder Texas“, sagt Sprecher Josef König. „Wenn die Bochumer Uni zu Harvard werden soll, brauchen wir zehn Mal so viele Professoren.“ Um sich wirklich hochrangige ProfessorInnen zu holen, fehle absolut das Geld und die Freiheit in den Personalentscheidungen. Und im Moment werde die Personaldecke nur dünner: Im Rahmen des Qualitätspaktes muss die Uni bis 2009 über 200 WissenschaftlerInnen entlassen. König ist für eine bessere Förderung aller Hochschulen, aber gegen eine herausragende Uni, die auf Elite getrimmt wird.

In den Universitäten des Ruhrgebiets ist die zukünftige Elite schon jetzt unter sich. Nur zwölf Prozent der Studierenden kommt aus Arbeiterfamilien, jedeR Fünfte muss sein Studium wegen fehlenden Geldes abbrechen. Die ab kommenden Semester fälligen Gebühren von 650 Euro pro Semester für Studierende, die das anderthalbfache der Regelstudienzeit überschreiten, vergrößern die Kluft.

„Die unteren Schichten haben keine Chance auf die Elite-Uni zu kommen“, sagt Steffen Arens, AStA-Vorsitzender der Düsseldorfer Uni. Eine gute Vorbildung sei heutzutage nur noch in akademischen und reichen Familien möglich.