Gegner vereint auf der Kölner Zeugenbank

Neben Umweltministerin Bärbel Höhn muss auch MVA-Befürworter Franz-Josef Antwerpes im Müllprozess aussagen

KÖLN taz ■ Ist die Müllverbrennungsanlage für Köln ein finanzieller Fluch oder ein Segen? Diese Frage beschäftigt vor allem den Vorsitzenden Richter im Kölner Müllprozess, Martin Baur. Er will eine ganze Reihe von prominenten Zeugen danach befragen, wie der korruptive Millionen-Deal über die Bühne ging. Nachdem bekannt wurde, dass viele amtierende und ehemalige Ratsmitglieder als Zeugen aussagen müssen (taz berichtete), wurden jetzt weitere Details der umfangreichen Zeugenliste bekannt.

So wird NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn (Grüne) Anfang Februar im Gerichtssaal erwartet. Sie hatte damals leidenschaftlich gegen den Bau der Müllverbrennungsanlage gekämpft. Ihre damaligen Widersacher Oberstadtdirektor Lothar Ruschmeier und Regierungspräsident Franz-Josef Antwerpes (beide SPD) werden dagegen ihre Sicht der Dinge darstellen.

Unterdessen holt die Verantwortlichen bei der Kölner Abfallverwertungsgesellschaft (AVG) die Vergangenheit ein. Denn vor dem Hintergrund, dass beim Bau des Müllofens offenbar Schmiergelder flossen, geraten auch die Kosten für die Mülldeponie „Vereinigte Ville“ in die Diskussion. „Wir könnten noch 20 bis 30 Jahre Müll dort entsorgen“, bestätigte Geschäftsführer Hans-Olaf Hoffmann gegenüber der taz. „Aber die SPD-Landesregierung hat frühzeitig entschieden, dass bereits seit 1. Juli 2000 kein Hausmüll mehr deponiert werden darf.“ Die Kosten für die Deponie tragen die Gebührenzahler trotzdem - zusätzlich zu denen für die MVA.

Ob damals wirklich rein umweltpolitische Gründe für diese Festlegung der Politik den Ausschlag gegeben haben, wird eines der interessanten Themen bei dem Prozess. Nachdem bekannt wurde, dass der ehemalige SPD-Bundespolitiker Karl Wienand ein entscheidender Strippenzieher im Müllskandal bis hin nach Düsseldorf gewesen sein soll, stellen sich diese Fragen schließlich in einem ganz neuen Licht. Und seit die Task Force des Innenministeriums feststellte, dass es im ganzen Land Korruptionsverdacht beim Bau von Verbrennungsanlagen gibt, sprießen die Spekulationen: Waren das nur Absprachen zwischen Firmen einer schmutzigen Branche oder war die Politik beteiligt?

Ein Augenmerk will Richter Baur daher auch auf die Absprachen in der Bauwirtschaft sowie der Region werfen. So sind Vertreter der Konzerne Hochtief und Philipp Holzmann, der Kreise Euskirchen und Rhein-Erft als Zeugen geladen. FRANK ÜBERALL