Die Frühaufsteher

Sachsen-Anhalt gibt bekannt: Die Ministerpräsidenten einigen sich auf den Staatsvertrag und überlassen die ARD bei ihren Finanzquerelen sich selbst

VON STEFFEN GRIMBERG

Das Bundesland Sachsen-Anhalt und sein Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) sind bislang nicht als flotte Gestalter der deutschen Medienpolitik aufgefallen. Jetzt immerhin schlug Böhmer seinen in Dresden versammelten Kollegen getreu dem Sachsen-Anhalt-Motto „Willkommen im Land der Frühaufsteher“ ein Schnippchen: Als die Ministerpräsidentenkonferenz noch lief, meldete sich Böhmer bereits via epd per Pressemitteilung zu Wort. Fazit: Die Zustimmung zum 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag in seiner ganzen, hier und da eher fragwürdigen Schönheit ist da.

ARD und ZDF dürfen demnach wie bisher jeweils drei zusätzliche digitale TV-Kanäle betreiben, das Deutschlandradio bekommt einen neuen digitalen Radiokanal zusätzlich. Bei der umstrittenen Frage, wie lange öffentlich-rechtliche Beiträge künftig in den Mediatheken der Sender eingestellt werden dürfen, bleibt es bei der klaren 24/7-Regelung: Spitzensport wie die Bundesliga darf nur für 24 Stunden, alle anderen Programme sieben Tage ab Erstsendung zum Download bereitstehen. ARD und ZDF hatten hier für Informationsprogramme längere Laufzeiten gefordert.

Öffentlich-rechtliche Telemedien-Angebote müssen jetzt grundsätzlich durch den umstrittenen Drei-Stufen-Test. In diesem Verfahren, für das die Rundfunkräte der Anstalten zuständig sind, müssen die Sender unter Beweis stellen, dass Telemedien oder andere neue Angebote einen publizistischen Mehrwert aufweisen, und klären, wie viel der Spaß kostet und welche Auswirkungen er auf kommerzielle Konkurrenten der Öffentlich-Rechtlichen hat. Dies gilt laut ARD auch für bestehende Angebote wie tagesschau.de.

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) als Vorsitzender der Rundfunkkommission der Länder erwartet daher keine Probleme mit der EU-Kommission, die die Reform angeordnet hatte. Dafür dürfen sich private Medienunternehmen nochmals in einer Anhörung vor der endgültigen Ratifizierung durch alle 16 Bundesländer äußern, so Beck.

Die Verlegerverbände, die für noch stärkere Beschränkungen von ARD und ZDF im Internet gekämpft hatten, begrüßten die Entscheidung. Der ARD-Vorsitzende Fritz Raff nannte sie dagegen einen „Kompromiss, mit dem wir leben müssen“. Dass nun „sämtliche Telemedien nachträglich“ durch den Drei-Stufen-Test müssten, bedeute für die Anstalten „erheblichen Verwaltungsaufwand“ und „enorme Kosten“. Etwas freundlicher äußerte sich ZDF-Intendant Markus Schächter: Zwar würden „für die „Entwicklung im Internet enge Grenzen“ gesetzt, doch zeichne sich „ein Handlungsrahmen für die nächsten Jahre ab“. Das breite Lob der Verleger für den neuen Rundfunkstaatsvertrag zeige aber, dass sich deren Lobbyisten in vielen Punkten durchsetzen konnten.

Nichts beschlossen die Ministerpräsidenten zu den von der Finanzkommission KEF vorgelegten Modellen zur ARD-internen Gebührenverteilung. Böhmer sagte lediglich, man habe „die ARD gebeten, die Finanzverteilung“ intern zu prüfen.

Eine Stimme aber fehlte im gestrigen Ringelreihen: Die Privatsenderlobby VPRT, die die Brüsseler Vorgaben einst angestoßen hatten, blieben stumm.