„Neherdfua nreyab eid nnew, ehew reba!“

Bedenken der CSU, der Sportreporter missbrauche sein Medium zu Wahlkampfzwecken, erweisen sich als begründet

MÜNCHEN taz ■ Und er tut es wirklich. Es sei doch nur Sport, haben sie gesagt. In der Fußballberichterstattung im Radio, haben sie gesagt, gebe es keine Möglichkeit, politische Aussagen zu treffen. Den Bayerischen Rundfunk haben sie beschimpft, weil Günther Koch nicht mehr für ihn kommentieren soll, falls er in Bayern in den Landtag einzieht; was er (SPD) ja vorhat. Nun weitet sich der Eklat um Sportreporter Günther Koch endgültig zum Skandal aus – zu Ungunsten Kochs. Was bisher geschah: Koch (61) will für die bayerische SPD (29 Prozent) in den Bayerischen Landtag (CSU). Koch aber will auch für den BR („unabhängig“) weiterhin Fußballspiele kommentieren dürfen („Toor! Toor! Toor! Toor!“). Der CSU (52 Prozent) missfällt die Kombination. Innenminister Günther Beckstein (CSU) fürchtet, Koch könne seine Position hinter dem Mikrofon (BR) zur politischen Einflussnahme (SPD) missbrauchen. Für diese Meinung wurde der Minister heftig kritisiert.

Nun aber dies: Günther Koch kommentierte an den vergangenen beiden Wochenenden jeweils die Spiele des 1. FC Nürnberg in der Bundesligahörfunkkonferenz der ARD. Eine eilends, aber sorgfältig vorgenommene Inhaltsanalyse der taz ergibt, dass Becksteins Bedenken berechtigt sind. Koch versteckte mehrfach politische Stellungnahmen in seinen Reportagen, wohl in der Annahme, er tue dies unauffällig genug, um nicht bemerkt zu werden. Womit er sich geschnitten hat. Koch begann harmlos, aber misstrauenerweckend, mit Kritik am Bremer Torwart: „Bremen hat ein Torhüterproblem.“ Zwischen den Zeilen steht hier natürlich eine rühmende Erinnerung an den ehemaligen Bremer Torwart Jürgen Rollmann – der heute Pressesprecher der bayerischen SPD ist.

Dann aber wurde Koch übermütig: „Edi“, wandte er sich nur scheinbar an seinen Reporterkollegen Edgar Endres, „Edi, ich frag a mal, hast du a Decke dabei?“ Es war der Rat an Edmund Stoiber, sich warm anzuziehen bei der Landtagswahl.

Es kann auch kein Zufall sein, wie Koch das Tor zum 1:0-Sieg Nürnbergs gegen Bremen beschrieb: „Halb links in die Gasse auf Lars Müller, läuft von links zum linken Pfosten!“ Und immer wieder die verbale Liebkosung des 1. FC Nürnberg, der „Club“ genannt wird und die zweite Leidenschaft Kochs neben der SPD ist: „Der Club (also die SPD; Anm. d. Verf.) sieht gar nicht mal so schlecht aus“, oder: „Jetzt gut in der Abwehr, der FCN“ (die SPD). Schließlich die Vision von der Großen Koalition, die Koch in Bayern offenbar erreichen will: „die Clubberer in Schwarz-Rot“. Wenn man seine Reportage vom Samstag rückwärts anhört, dann fällt mittendrin außerdem der Satz: „Neherdfua eis nnew, ehew reba, alalart hcon nehcam eis, Nreyab eid.“ Es ist dies der letzte Beweis: Koch politisiert. Fußball ist nur ein Vorwand.

Die taz entschuldigt sich beim Bayerischem Rundfunk und Günther Beckstein für die voreingenommene Berichterstattung der letzten Wochen über die Affäre Koch. KLAUS RAAB