Mehr Transparenz ist gefordert

Die Nachhaltigkeitsberichterstattung der im DAX 100 vertretenen Unternehmen lässt noch einiges zu wünschen übrig. Das fand ein Forschungsprojekt des Imug heraus

Der Markt für ethisch-ökologische Geldanlagen wächst. Unternehmen, die von dieser Entwicklung profitieren wollen, müssen sich einer entsprechenden Bewertung stellen. Immer häufiger verlangen Interessengruppen und ethisch-ökologische Analysten Auskunft über die sozialen, ökologischen und ökonomischen Auswirkungen der Unternehmensaktivitäten.

Mit der Forderung nach mehr Transparenz bei Unternehmensführung und Geschäftstätigkeit sehen sich auch zunehmend große Aktiengesellschaften konfrontiert. Darauf müssen sie reagieren. Eine Reaktion könnte die Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten sein. Damit lassen sich glaubwürdig die Bemühungen zur Steigerung der sozialen, ökologischen und ökonomischen Verträglichkeit unternehmerischer Aktivitäten darstellen. In einem Nachhaltigkeitsbericht sollten also die Leistungen und Managementsysteme eines Unternehmens dargestellt werden. Außerdem sind Produktpolitik und langfristige Unternehmensstrategien hinsichtlich ihrer sozialen und ökologischen Auswirkungen zu reflektieren.

Das Institut für Markt Umwelt Gesellschaft in Hannover (Imug) hat jetzt eine Studie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung der 100 Unternehmen vorgelegt, die im Deutschen Aktienindex DAX 100 vertreten sind. Sie entstand im Rahmen eines vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekts zum Markt für ethisch-ökologische Geldanlagen.

Ein Fazit: Nachhaltigkeitsberichterstattung ist unter den deutschen Aktiengesellschaften offenbar noch nicht sehr weit verbreitet. Lediglich 17 der 100 DAX-Unternehmen haben einen solchen Bericht vorgelegt, der über die herkömmliche Umwelt-, Sicherheits-, und Gesundheitsberichterstattung hinausgeht. Viel weiter gehen jedoch die wenigsten. Beschreibungen von Umweltschutzmaßnahmen, Personalstruktur, betrieblicher Weiterbildung und Arbeitssicherheit machen immer noch die wesentlichen Inhalte aus.

Wird über ökonomische Aspekte berichtet, beschränkt sich dies meist auf den Umsatz, auf Personal- und Sachkosten. Weitergehenden Aufschluss könnten insbesondere Angaben über die Höhe der gezahlten Steuern und empfangenen Subventionen geben. Informationen über die wichtigsten Kapitaleigner wären ebenfalls von Interesse. Angesichts der Prozesse des „Gesundschrumpfens“, zu denen sich viele Unternehmen momentan gezwungen sehen, erscheint auch eine Diskussion der Auswirkungen von Standortschließungen als angemessen. Im sozialen Bereich wäre eine ausführlichere Auseinandersetzung mit den Themen Menschenrechte, Korruption und Produktverantwortung erstrebenswert, ebenso die Beteiligung der Unternehmen an politischen Prozessen. Bei der Darstellung ihre Aktivitäten im In- und Ausland beschränken sich die meisten Unternehmen auf die hoch entwickelten Industrieländern. Daraus erklärt sich zum Teil auch die mangelnde Erörterung der Menschenrechte; in vielen dieser Länder sind Arbeitsverhältnisse und -bedingungen umfassend reglementiert, Fragen nach der Einhaltung der Menschenrechte weniger dringlich.

Würde dieser Bezugsrahmen in geografischer Hinsicht und auch auf die Zulieferer eines Unternehmens ausgeweitet, wäre die Einhaltung von Menschenrechten das Erste, was es zu prüfen und im Rahmen eines Nachhaltigkeitsberichts darzustellen gälte. Ginge es verstärkt um Standorte in Ländern mit weniger strengen gesetzlichen Vorgaben, gewännen auch Fragen des Umweltschutzes an Relevanz.

Ein Hindernis für eine derartig umfassende Berichterstattung liegt darin, dass es sehr aufwändig ist, solch komplexe Daten zu erheben und zu erfassen. Außerdem erscheint es für die meisten Sub- und Zulieferunternehmen in Schwellen- und Entwicklungsländern nicht gerade nahe liegend, sie überhaupt zu erheben. In Zeiten der Globalisierung ist eine langfristige Entwicklung der dafür notwendigen internationalen Informationssysteme jedoch trotzdem erstrebenswert. Schließlich profitieren nicht nur externe Interessengruppen von Transparenz, auch das Management gewinnt dadurch an Übersicht. Trotz aller Kritik können die Berichte als Fortschritt in Richtung einer zunehmenden Transparenz von Unternehmen gewertet werden. Sie zeigen aber auch, dass die Diskussion um Inhalte und Anforderungen an die Berichterstattung noch lange nicht abgeschlossen werden kann. Auch in Sachen Glaubwürdigkeit besteht noch großer Diskussionsbedarf.

KATHRIN KLAFFKE, ANDREAS LOHSE