Gesundheitspolitisch schlägt‘s 13

Ulla Schmidt bekennt sich zum Ziel, Kassenbeiträge „deutlich unter 13 Prozent“ zu drücken. Dazu müssten die Kassenleistungen kräftig beschnitten werden. „Spiegel“ weiß von Kanzlerplänen, wonach Unfälle und Zähne privat versichert werden sollen

BERLIN taz/ap/dpa ■ Die 13 wird bei den Gesundheitsstrateginnen und -strategen zu magischen Zahl. Nachdem die Union Mitte des Monats ein Konzept vorlegte, wie sie die durchschnittlichen Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung von derzeit 14,3 Prozent auf 13 Prozent drücken will, zieht nun die SPD nach. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt verkündete am Wochenende, dass auch die Regierung die Kassenbeiträge „deutlich unter“ 13 Prozent senken wolle. „Wir machen ein großes Reformwerk“, sagte sie.

Wie groß dieses sein wird, scheint der Ministerin allerdings nicht ganz klar zu sein. Jedenfalls behauptet der Spiegel in seiner heutigen Ausgabe, dass Kanzler Gerhard Schröder am 14. März in seiner Regierungserklärung ein „Reformpaket“ vorstellen will, das Schmidts Ideen von einer Gesundheitsreform weit übersteigt. Das Kanzleramt plane tiefe Einschnitte im Gesundheitssektor. Freizeitunfälle müssten ganz, Zahnbehandlungen zu einem größeren Teil als bisher privat bezahlt oder versichert werden. Auch eine Streichung des Krankengelds werde erwogen.

All dies sei in der SPD-Spitze bereits ausgemachte Sache, man hoffe auf ein Einsparvolumen bis zu 25 Milliarden Euro. „Ich kenne diese Einigung nicht, ich kenne auch ein solches Konzept nicht“, ließ Schmidt dazu erklären. Auch einen Bild-Bericht, wonach der Arbeitgeberanteil an der Krankenversicherung eingefroren werde, dementierte sie. SPD-Fraktionschef Franz Müntefering sprang ihr bei: „Die Entscheidung der Koalition fällt im Mai und nicht früher.“ Alle Meldungen seien „Spekulationen“.

Im Mai soll die Rürup-Komission zum Umbau der Sozialsysteme ihre Vorschläge vorstellen, wie die Einnahmenseite der gesetzlichen Krankenkassen saniert werden kann. Zeitgleich arbeitet Schmidts Ministerium weiter an Reformen zur Ausgabenseite. Beide Konzepte sollen dann in einem Gesetzentwurf verschmolzen und in den Bundestag eingebracht werden.

Vom Schmidt-Entwurf wurde am Wochenende erstmals eine Skizze bekannt. Süddeutsche Zeitung und Frankfurter Rundschau berichteten, dass Schmidt ihre bereits vorliegenden „Eckpunkte“ ergänzt habe. Ein „Korruptionsbeauftragter“ soll demnach mit „Prüfrechten ausgestattet“ werden, um Falschabrechnungen nachzuspüren. Außerdem sollen die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen), die Verbünde der niedergelassenen Ärzte, umgebaut werden. Ihr Vorstände sollten hauptamtlich arbeiten und nicht mehr nebenbei als Ärzte Geld verdienen.

Ein sehr weit gehender Schritt wäre es, wenn, wie in dem Entwurf verlangt, die regionale Facharztversorgung nicht mehr von den KVen, sondern von den Krankenkassen garantiert werden müsste. Diese so genannte „Übertragung des Sicherstellungsauftrags“ ist selbst den Kassen – außer der AOK – nicht ganz recht: Sie haben Angst vor dem entstehenden Aufwand.

Eine Stellungnahme hierzu wird heute auch von einer recht einflussreichen Expertenrunde erwartet: Der Sachverständigenrat im Gesundheitswesen unter Vorsitz des Ökonomen Eberhard Wille wird der Ministerin Schmidt sein Gutachten zu „Finanzierung, Nutzerorientierung und Qualität“ übergeben. UWI