daneben gegriffen
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„Bestürzt“ habe ich einen altvertrauten Leser dieser Zeitung durch die Qualifizierung des coolen geilen neuen Fetenraums “Luftschutzbunker am Domshof“ als „gaskammervoll“ in meiner Samstagskolumne, und verstehen kann ich diese Reaktion durchaus. Ich wollte diesen Begriff aus einem seinerzeit heftig umstrittenen taz-Beitrag des hochgeschätzten Thomas Kapielski zum damals höchst angesehenen Berliner Zappelclub „Dschungel“ zitierend in Erinnerung bringen – als Kritik an einer Spaß- und Eventkultur, die in ihrer selbstverliebten Rotzigkeit den allerbesten Kick vermutlich mittels einer Party im Krematorium mit Getränken aus der Urne bekommen würde und auf dem Wege dahin auch schon mal Locations in Anspruch nimmt, an deren Wänden sich jede Menge Angstschweiß niederschlug. Wie das Nichtverstehen dieses Ansatzes sogar durch jemanden belegt, der den Zitatcharakter immerhin nachvollziehen kann, habe ich mich methodisch dabei vergriffen – umso mehr dürfte „gaskammervoll“ jenen gar nichts oder jedenfalls nur falsches sagen, die keine Erinnerung mehr an die damalige Debatte haben oder haben können. Gern hätte ich dies erläuternd schon gestern nachgetragen, doch erreichte mich die Kritik erst nach Rückkehr aus Berlin – ausgerechnet von einem autonomen Vorbereitungstreffen für die Liebknecht-Luxemburg-Demo zur Gedenkstätte der Sozialisten am kommenden Wochenende („in deinem Friedrichshaine ruht / manch tapfres Spartakistenblut“). Thema meines AK war übrigens „Rechte Subkulturen und das Märchen vom verordneten Antifaschismus“... Manchmal habe ich überhaupt nichts gegen Grenzen und Verordnungen – nix für ungut also und in alter Freundschaft

Ulrich
„Edelweiß“ Reineking