Expressive Schulter

So war‘s: Anne-Sophie Mutter zusammen mit André Previn und Lynn Harrell in der ausverkauften Glocke

Im Alter von dreizehn Jahren von Herbert von Karajan „entdeckt“ worden zu sein, ist nicht unbedingt nur ein positives Erbe – zahllose Wunderkinder haben nie die einstmals prognostizierte Karriere gemacht. Die 39-jährige Geigerin Anne-Sophie Mutter hat alles erfolgreich dafür getan, dass sie bis heute eine ernst zu nehmende Künstlerin ist. Sie hat es aber auch immer verstanden, ein Medienstar zu sein und zu bleiben. Das geht so weit, dass in ihrer Werbung gefragt wird, wann die Verbindung einer nackten Schulter und einer Geige zu einem wunderbaren Sound führt: wenn beides Anne-Sophie Mutter gehört.

Man fragt sich nach dem letzten restlos ausverkauften Meisterkonzert in der Glocke nicht zum ersten Mal, warum die Professorin an der Royal Academy of Music in London, die Mutter zweier Kinder, die in vielen sozialen Projekten engagiert ist, das nötig hat. Makellos ist ihr Ton, wie Samt oder mit energischer Kraft, stets perfekt in der expressiven Legatokultur. Kleingliedrige Artikulation, die vielleicht auch große Bögen zerreißt, ist ihre Sache nicht unbedingt. Und sie stellt an ihre Partner nicht die strengen Anforderungen, die sie an sich selbst hat.

So auch in diesem Konzert, das mit den Klavier-Trios in H-Dur von Johannes Brahms und dem in d-moll von Felix Mendelssohn-Bartholdy eine Gattung anbot, die relativ selten zu hören ist. Leider war schnell zu merken, dass es sich nicht um ein homogenes Kammermusikensemble, sondern um zusammengewürfelte Stars handelte.

André Previn, Pianist nur unter anderem – er ist Dirigent und Komponist – ließ impulsgebende Konturen durchgehend vermissen, reduzierte seinen Part auf einen diffusen Sound. Der Cellist Lynn Harrell war häufig zu laut – oder Anne Sophie Mutter zu leise –, was schade war, denn seine Sololeistung war der von Mutter vergleichbar: intensiv, klangschön und zupackend.

So blieb ein vordergründig und äußerlich hinreißendes Konzert, dessen kammermusikalische Innereien – hier ist zum Beispiel auch der recht willkürliche Umgang mit der vorgeschriebenen Dynamik zu nennen – nur bedingt befriedigten.

Ute Schalz-Laurenze