Wunderdroge der griechischen Sozialisten

Giorgos Papandreou soll’s richten: Kurz vor der Wahl übergibt Simitis den Stab an den Sohn des Pasok-Gründers

Die griechische Regierungspartei Pasok hat ihre Geheimwaffe in Stellung gebracht: Giorgos Papandreou gilt seit 1999 als designierter Nachfolger von Kostas Simitis – im Amt des Parteichefs sowie des Ministerpräsidenten; nur ein Datum stand nicht fest für die Wachablösung. Jetzt soll der Wechsel an der Spitze der Panhellenischen Sozialistischen Bewegung ganz flott gehen.

Gestern wurde offiziell verkündet, was in Athen seit drei Wochen Topnachricht ist: Noch diesen Monat wird der Sohn des Pasok-Gründers Andreas Papandreou zum neuen Parteichef gewählt. Damit wird der 51-Jährige automatisch bei den vorgezogenen Wahlen Mitte März Spitzenkandidat der Pasok für das Amt des Ministerpräsidenten. Auch in dieser Rolle soll Giorgos Papandreou Kostas Simitis beerben, der mit fast acht Jahren die längste Amtsperiode in der Nachkriegszeit durchstand.

Die vorgezogene Ablösung von Simitis ist formell eine souveräne Entscheidung, inhaltlich aber der verzweifelte Versuch, die drohende Wahlniederlage abzuwenden. Seit zwei Jahren hält die konservative Nea Dimokratia in den Umfragen einen Vorsprung von rund 8 Prozent. Simitis’ Hoffnung, bis zu den Wahlen noch aufzuholen, zerstoben zuletzt. Die vorgezogenen Wahlgeschenke, die den ohnehin durch die Olympischen Spiele belasteten Staatsetat aufblähten, griffen nicht. Jetzt kann die Partei nur noch auf die Wunderdroge Papandreou hoffen.

Der Sohn des legendären Parteigründers, der seit September 1996 als Außenminister die Regierung Simitis profilieren half, könnte der angeschlagenen Pasok tatsächlich Auftrieb geben. Er vereint in seiner Person zwei Seiten der Partei, die Simitis nicht mehr zusammenhalten konnte. Zum einen ist er ein entschiedener Reformer, der den linksnationalistischen Populismus der alten Pasok auch aus der Parteibasis hinausfegen will. Zum anderen appelliert er mit seinem Namen an die Kreise, für die Simitis ein „Verräter“ an der Politik des Parteigründers ist. Genau diese Schichten aber muss die Pasok mobilisieren. Denn jüngsten Umfragen zufolge kann Simitis nur 70 Prozent der Pasok-Wähler an sich binden. Von Papandreou erwartet man, dass er diesen „Ausschöpfungs-Koeffizienten“ auf 90 Prozent stemmen kann. Das könnte den Vorsprung der Nea Dimokratia noch abschmelzen.

Der erhoffte Effekt beruht jedoch auf Etikettenschwindel. Mit dem Populismus seines Vaters hat „Giorgakis“ nichts gemein: Der in den USA geborene Sohn, der im Ausland, zuletzt in Harvard, studierte, ist als Innenpolitiker sozialliberal, als Außenpolitiker entschiedener Proeuropäer und Antinationalist. Sein Ausgleichskurs gegenüber der Türkei ist den griechischen Nationalisten verhasst. Bei den Wahlen hat der neue Pasok-Spitzenkandidat noch ein Problem. Er wird eine „Erneuerung“ des alten Reformkurses schwer vertreten können, ohne sich von Simitis abzusetzen, dessen loyalster Mitarbeiter er bis gestern war.

NIELS KADRITZKE