Die Mühen der Ebene

Von anderen Abgeordneten wird sie weitgehend gemieden, ihr Rederecht im Parlament ist eingeschränkt, und im Ausschuss darf sie nicht mit abstimmen. Leicht hat es die fraktionslose Abgeordnete Christel Wegner nicht als Einzelkämpferin im niedersächsischen Landtag. Aufgeben mag die DKP-Frau, die kurz nach der Landtagswahl von der Linksfraktion ausgeschlossen wurde, deshalb aber noch lange nicht.

Leider hätten die Kollegen der Linken auch nach dem einstimmig erfolgten Rauswurf ihren Abgrenzungskurs bis heute beibehalten, bedauert Wegner. Mit den meisten ehemaligen Fraktionskollegen gebe es inhaltlich „keinerlei Zusammenarbeit“. Das gelte auch für die anderen Fraktionen. Schwerer noch wögen die formalen Einschränkungen. So habe der Ältestenrat des Landtags ihr pro Sitzungswoche nur eine Minute Rederecht zugestanden, im Sozialausschuss dürfe sie lediglich mitdiskutieren.

Im Parlament kann Wegner nur einen Mitarbeiter beschäftigen. Fraktionsgelder erhält sie ebenso wenig wie Mittel für wissenschaftliche Assistenten. „Ich bin darauf angewiesen, dass von der Basis Wissen zu mir hinfließt“, sagt sie. Die Basis – das sind im Wesentlichen Leute aus der DKP. Derzeit durchforsten alt gediente Genossen aus Göttingen die Haushaltsvorlagen der Regierung auf mögliche Angriffspunkte.

Ihr bislang „größter Erfolg“, eine schriftliche Anfrage zum Atommülllager Asse, sei ohne Zuarbeit von wackeren Helfern aus der Partei nicht zu bewerkstelligen gewesen. Diese Leistung werde auch nicht dadurch geschmälert, dass sich die Landesregierung bis heute nicht zu einer Antwort bequemt habe.

Auch für die Zukunft setzt Wegner auf „Rückkopplung“ und Dialog mit ihrer Partei und deren Umfeld. In ihrem Wahlkreis will sie Wählerveranstaltungen einberufen, etwas abstrakt redet sie von „Verbindung zwischen Mandat und kommunaler Ebene“. Doch auch die klappt nicht reibungslos. In ihrer Heimatstadt Buchholz weigerte sich das örtliche Krankenhaus, Wegner am 25. September mit zur Groß-Demo der Klinikbeschäftigten nach Berlin zu nehmen. Dabei hätte sie die Fahrtkosten auch selbst getragen.

„Ja, ich habe im Landtag eine isolierte Position“, zieht Wegner ein Fazit ihrer Situation. Frust statt Lust also? Nein, sagt Wegner, davon könne trotz aller Widrigkeiten keine Rede sein. Tauschen mit den Kollegen der Linksfraktion möchte sie angeblich nicht. Die seien so sehr eingespannt ins Tagesgeschäft, „dass ich da fast ein entspanntes Leben habe“.

REIMAR PAUL

Fotohinweis:Christel Wegner, 59, wurde nach umstrittenen Aussagen von der Linken aus der Partei ausgeschlossen und ist seitdem parteilos im Landtag Niedersachsen FOTO: DPA