Studiengebühren müssen weg

betr.: „Aufstieg durch Bildung? Keine Chance“, taz vom 21. 10. 08

Ein erster Schritt hin zu mehr Bildungsgerechtigkeit wäre die Wiederabschaffung der unsäglichen Studiengebühren, so wie Anna Lehmann sie in ihrem Kommentar einfordert. Gerade Abiturienten aus dem Arbeiter- und Migrantenmilieu entscheiden sich wieder viel zu häufig dafür, nach dem Abitur endlich mal „was Richtiges“ zu machen, sprich ordentlich Geld zu verdienen – ganz so, wie es ihnen meist die ältere Generation der eigenen Sippschaft immer wieder während der langen „unproduktiven“ Zeit des Oberstufenbesuchs eingeflüstert hat. Es reicht jedoch nicht, die Studiengebühren wieder in den Orkus zu verweisen. Überdies ist auch die Entwicklung einer neuartigen, ungleichheitstheoretisch sensiblen Didaktik vonnöten, die in der Lage ist, die AbiturientInnen aus bildungsferneren Milieus einerseits davon zu überzeugen, dass die gedankliche Auseinandersetzung mit klassisch bildungsbürgerlichen Wissensbeständen lohnenswert ist, andererseits aber auch eine Immunisierung gegen schichtreproduktive Tendenzen ermöglicht, die ihnen suggerieren, der Schuster solle doch lieber bei seinen Leisten bleiben und eben nicht studieren, sondern endlich mal richtig malochen gehen. Mit oder ohne Studiengebühren wird es schwer genug sein, diesen ehernen sense of one’s place der Unterschicht zu durchbrechen. Eine Abschaffung der Studiengebühren wäre aber zumindest ein Anfang.

DOMINIC BERLEMANN, Aachen