alle für den frieden (15)
: Naturwissenschaftler

Kritische Waffenexperten

500.000 waren auf der Demonstration gegen einen neuen Krieg am Golf. Die ganze Nation eine Friedensbewegung? Die taz stellt täglich vor, wer sich so rührt.

Von der Friedensbewegung werden sie kritisch beäugt. Denn wegen einschlägiger Ahnherren sind sie verdächtig, erst für den Krieg zu forschen und später dagegen zu sein. Ungefähr so wie Uranspalter, Nobelpreisträger und Kriegsgegner Otto Hahn. Gemeint sind die Naturwissenschaftler. Rund 900 Physiker, Chemiker und Biologen haben sich in der „Initiative Verantwortung für Friedens- und Zukunftsfähigkeit“ vernetzt. In ihren programmatischen Texten mischen sie romantische Friedenslyrik mit selbstbewussten Fortschrittsthesen. „Solidarität ist und bleibt die Zärtlichkeit der Völker“, ist da zu lesen. Aber auch: „Naturwissenschaftlich-technische Entwicklungen haben weitreichende Konsequenzen.“

So weit, so hybrid. Die Verfasser dieser Zeilen indessen repräsentieren geballten militärischen Sachverstand. Gefunden haben sie sich in den 80er-Jahren bei der Frage, was eine taktische von einer strategischen Atomrakete unterscheidet (die strategische kann weiter fliegen). Heute analysieren die Aktivisten modernes Kriegsgerät. Für jede Waffengattung gibt es Experten. „Frieden braucht naturwissenschaftlichen Sachverstand“, ist Umweltgeologe Jürgen Schneider sich sicher. Und weil dieser am ehesten unter Naturwissenschaftlern zu finden ist, reisen die Friedensexperten nicht nur zu Demos, sondern sitzen auch bei Abrüstungsverhandlungen mit am Tisch. Nobelpreise gibt es für beides erst einmal nicht. MAB

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