Der illegale Präsident und sein reicher Gegner

Seit den umstrittenen Wahlen von 2001 findet Sambia nicht aus der Machtprobe zwischen Regierung und Opposition heraus. Oppositionsführer Mazoka versucht, Präsident Mwanawasa per Gerichtsverfahren aus dem Amt zu scheuchen

LUSAKA taz ■ Nur wenige Minuten außerhalb der sambischen Hauptstadt besitzt Anderson Mazoka ein prachtvolles Anwesen, umgeben von einem privaten Wildpark. Hier besinnt sich der ehemalige Geschäftsführer des südafrikanischen Bergbaukonzerns Anglo American und Führer der größten Oppositionspartei des Landes auf seinen nächsten Schritt, nachdem er gerade aus der Provinz Keembe mit einer Niederlage zurückkehrte. Dort hat seine Partei UPND (Vereinte Partei zur nationalen Entwicklung) Nachwahlen verloren.

„Der Präsident kauft Stimmen mit Nahrung für die Armen, und die Leute werden eingeschüchtert“, ist Mazokas Erklärung für die Niederlage. Mazoka sieht sich als regulärer Sieger der sambischen Präsidentschaftswahl vom Dezember 2001, die offiziell der Regierungskandidat Levy Mwanawasa gewann, und kämpft bis heute vor Gericht für eine Neuauszählung der Stimmen. Sambia, das 1991 mit freien Mehrparteienwahlen Vorreiter der afrikanischen Demokratisierung wurde, ist durch die Vorgänge von 2001 politisch beschädigt.

„Die Wahlen könnten annulliert werden, wenn die Justiz nicht blind wäre“, findet der 56-jährige Oppositionsführer Mazoka. Stattdessen hat das Gericht jetzt Mazoka wegen „Missachtung der Justiz“ vorgeladen: Er hatte während der Nachwahlkampagne in Keembe den Präsidenten als Dieb bezeichnet. Das ficht Mazoka nicht an. „Ich fühle mich betrogen“, meint er, „aber es stimmt mich nicht depressiv.“

Doch mit einem geschickten Schachzug versuchte Präsident Mwanawasa vor kurzem, die immer stärker werdende Opposition in seinem Land zu spalten. Unter dem Vorwand, eine „Regierung der nationalen Einheit“ voranzutreiben, bot er einigen Oppositionspolitikern Kabinettsposten an – ohne Beratung mit den jeweiligen Parteipräsidenten. Die Wogen schlugen hoch. Eine Partei zog gegen die Ernennung der Oppositionsminister vor Gericht und bekam Recht. Mwanawasa reagierte in bewährter Manier: Er verteilte einige der Ämter trotzdem wie geplant.

Die Posten gingen an diejenigen, die trotz drohendem Rausschmiss aus der eigenen Partei nicht widerstehen konnten. Einer von ihnen ist Dipak Patel, Mitglied einer Abspaltung der regierenden MDD (Bewegung für Mehrparteiendemokratie) namens FDD (Forum für Demokratie und Entwicklung). Unter Mwanawasas Vorgänger als Präsident, Frederick Chiluba (1991–2001), arbeitete Patel als Handelsminister. Jetzt wird er auf dem gleichen Posten für Mwanawasa weitermachen.

„Dadurch werde ich stärker an Entscheidungsprozessen teilnehmen“, glaubt Patel und sagt: „Wir brauchen eine neue Verfassung, die dem Präsidenten weniger Macht einräumt.“ Die Wirtschaft könne nicht ständig mit geborgtem Geld – Sambia hat 6,5 Milliarden US-Dollar Auslandsschulden – aufgebaut werden; der Sozial- und Gesundheitssektor sei vernachlässigt und ein neues Wahlgesetz müsse mehr Gleichheit im Wahlkampf für alle Parteien garantieren.

Mazoka, dessen Partei 48 der 158 Sitze im Parlament hat, sieht den „Kauf“ der Opposition durch den Präsidenten gelassen. „Der Präsident kann nicht viele Posten abgeben, ohne seine Partei zu schwächen.“ Der Oppositionelle setzt darauf, dass der Unmut in der Bevölkerung über die Herrschaft der MMD wächst. 80 Prozent der zehn Millionen Sambier müssen mit weniger als einem US-Dollar pro Tag ihr Leben organisieren; Armut und Arbeitslosigkeit wachsen, seit der dominierende Bergbaukonzern Anglo American Sambia verlassen hat und die Produktion in den maroden Minen des Kupfergürtels sinkt. Zudem verstärkt die Hungerkrise besonders im Süden des Landes und die wachsende Zahl von HIV-Aidskranken die desolate Situation.

„Wir haben alles unter Kontrolle“, lautet die stereotype Antwort des Präsidenten auf diese Probleme. „Der Präsident hat keine Strategie zur Lösung der Probleme des Landes“, sagt hingegen Vainola Makan vom „Panos Institut“ in Lusaka. „Wie so häufig in Afrika: Die Elite wächst und führt eher zur Desintegration anstatt zur Neubildung einer soliden Gesellschaft.“ Mwanawasa fürchte um seinen Job, erklärt sie die jüngsten Aktionen des Präsidenten. „Wenn er zugeben könnte, dass er falsch gehandelt hat, könnte er den Moment für Verhandlungen mit seinen Gegnern nutzen – wie einst De Klerk und Mandela in Südafrika. Aber stattdessen kauft er die Opposition und bleibt illegal an der Macht.“

MARTINA SCHWIKOWSKI