Der Streik ist tot, es lebe der Protest!

Der Streik der Uni-StudentInnen war schon zu Ende, als die Vollversammlung zusammentrat. Am 15. Januar kommt Willi Lemke

„Studieren und protestieren“: Wer will schon seine Scheine aufs Spiel setzen?

Bremen taz ■ „Die Mehrzahl der Studierenden hat mit den Füßen gegen den Streik abgestimmt“, meinte einer gestern Mittag in dem brechend vollen „Glaskasten“ der Universität. De facto würden die meisten Lehrveranstaltungen wieder stattfinden. Klausuren und Hausarbeiten stünden vor der Tür, meinte ein anderer, es sei „fatal“, wenn auf der Vollversammlung beschlossen würde, dass der Streik fortgesetzt werden soll, „wenn sich nur die wenigsten daran halten“. Streik sei „die falsche Form“, weil „wir uns nur selber schaden“. Derart überwiegend kritisch war die Stimmung auf der Vollversammlung, und auch die stellvertretende AStA-Vorsitzende Stefanie Henneke rief die Studenten dazu auf, „eine verantwortungsvolle Entscheidung“ zu treffen. Auf der letzten VV kurz vor Weihnachten hatte die Mehrheit der Anwesenden gegen den Vorschlag des AStA und dafür gestimmt, den Streik fortzusetzen – offenbar nach Ansicht des Studentenausschusses nicht sehr verantwortlich. Über die Weihnachtsferien haben sich die streikwilligen Studierenden dann aber offensichtlich verflüchtigt – gestern jedenfalls war die Stimmung eindeutig: Niemand plädierte für die Fortsetzung des Streiks und in den Berichten aus den Bereichsvollversammlungen wurde deutlich, dass die Streikfront überall längst zusammengebrochen ist.

Die Fortsetzung des Streiks stellte der AStA am Ende der einstündigen Versammlung, die die ca. 1.000 Besucher der VV regelrecht „durchstehen“ mussten, auch gar nicht mehr zur Abstimmung. Ob sie für weitere „Proteste“ seien, ließ der AStA abstimmen, und als die überwältigende Mehrheit für Proteste war, war jedem klar: Damit war der Streik gerade offiziell beendet worden.

Wie die „Proteste“ nun weitergehen sollen, das sollte dann in Einzelvoten festgelegt worden. Zur Alternative stand „Aktionsstreik“, Freizeit-„Streik mit freier Lehre“ und „alternative Protestformen“. Streik mit freier Lehre sollte dabei heißen, dass die Lehrveranstaltungen stattfinden, die Streikaktivitäten sollen in der Freizeit stattfinden. Einige der studentischen Redner äußerten, dass sie Zweifel daran hätten, ob so etwas funktionieren könne. Unter „alternative Aktionsformen“ waren die Vorschläge wenig konkret, und so konnte der AStA eine knappe Mehrheit für sein Konzept des „Aktionsstreiks“ gewinnen.

Denn was das bedeuten sollte, war ziemlich klar: Ab sofort darf ohne schlechtes Gewissen wieder studiert werden. Wenn Wissenschaftssenator Willi Lemke am 15. Januar in die Uni kommt, dann soll „Aktionsstreik“ sein. Dasselbe eine Woche später, wenn die Deputation voraussichtlich die Verwaltungs- und Langzeitstudien-Gebühren, die die Studierenden mit ihren Aktionen verhindern wollten, beschließen wird.

Über die Frage, ob der Streik erfolgreich gewesen sei, gab es nur vereinzelte und sehr unterschiedliche Meinungsäußerungen in der Vollversammlung. Man habe immerhin die Öffentlichkeit erreicht, sagte die AStA-Sprecherin, wenn auch die Ziele nicht durchgesetzt worden seien. Ein anderer Student verwies darauf, dass die SPD – während die Studenten bundesweit gegen die Einführung von Studiengebühren protestierten – vollkommen unbeeindruckt die Einführung von Elite-Universitäten vorschlägt. „Wir müssen uns darüber klar werden, wer der Adressat unserer Forderungen ist“, heißt es gleichzeitig in der Streikzeitung. Das sei eben die Bundesregierung, die müsse das Geld zur Verfügung stellen „für eine freie Bildung und eine freie Wissenschaft für alle“. kawe