Off-Kino
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

„Der Pate I“, „Der Pate II“, „Der Pate III“ 10. 1. in der Kurbel 3

Mit seinem 1978 entstandenen Drama „Herbstsonate“ kehrte Ingmar Bergman zu seinem traditionellen Thema zurück: der Beschreibung der Seelenzustände zweier Menschen in einer von Hassliebe geprägten Beziehung. Nachdem die Konzertpianistin Charlotte (Ingrid Bergman) ihren Lebensgefährten verloren hat, wird sie von der Tochter Eva (Liv Ullmann) eingeladen, einige Wochen in der norwegischen Provinz zu verbringen. Das Drama entfaltet sich wie ein Theaterstück in drei Akten: die Ankunft der Mutter; eine als Doppelmonolog inszenierte Auseinandersetzung zwischen Eva und Charlotte; schließlich ein Epilog, der das ursprüngliche, von Lebenslügen beherrschte Verhältnis der beiden Frauen wiederherstellt. Auf den ersten Blick könnten Mutter und Tochter kaum verschiedener sein: Ingrid Bergman spielt Charlotte als mondänen Star, der leichthin von seinen Konzerttourneen und den Begegnungen mit dem internationalen Jetset plaudert. Eva, eine altbackene Pfarrersfrau mit Zöpfchenhaarkranz und runder Nickelbrille, verfällt bei der Begegnung mit der Mutter hingegen automatisch in die Mimik und Gestik eines schüchternen Kindes, das sich nach Anerkennung sehnt – und gleichzeitig die Enttäuschung provoziert, um sich in ihrem Hass bestätigt zu fühlen. In der großen nächtlichen Auseinandersetzung bekommt Charlottes Selbstsicherheit dann zeitweilig einen Knacks: Von Eva der Selbstsucht und Lieblosigkeit angeklagt, vermischt sich die Erkenntnis der Zerstörung ihrer Lebenslüge von der „guten Mutter“ mit ihrem Ärger, von Eva ins Unrecht gesetzt zu werden. Eva macht Charlotte für praktisch jedes Unglück in ihrem Leben verantwortlich, und ihre Kälte und Grausamkeit ist dabei letztlich ein Spiegel der Oberflächlichkeit Charlottes: Man ist sich doch gar nicht so unähnlich.

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„Trafic“ 8. 1.–10. 1. im Filmkunst 66

Kleinbürgerliches Chaos als Prinzip: Auch in „Trafic“ (1971) befindet sich Jacques Tati alias M. Hulot einmal mehr im Kampf mit der modernen Welt. Es geht ums Automobil, jenen Fetisch, den man in unpersönlicher Arbeit in der Fabrik oder auch mit liebeswertem Gefummel im Kleinbetrieb zusammensetzen kann. Natürlich hat Hulot sein Campingmobil selbst konstruiert, und ebenso natürlich wird er es niemals rechtzeitig zur großen Autoausstellung bringen. Wie bereits in „Playtime“ rückt Tati auch in „Trafic“ die Figur Hulot immer weiter an den Rand des Geschehens: eher ein Katalysator denn der Mittelpunkt der Gags.

In der wiedereröffneten Kurbel gibt es alle drei Teile von Francis Ford Coppolas Mafiaepos „Der Pate“ an einem Tag zu sehen: vom spektakulären Comeback Marlon Brandos als Don Vito Corleone über die mannigfaltigen Probleme, mit denen das mafiöse Familienunternehmen unter der Leitung von Don Vitos Sohn Michael (Al Pacino) zu kämpfen hat, bis zu den kuriosen Geschäften, die Don Michael im dritten Teil mit dem Vatikan tätigt, wo es noch viel schlimmer zugeht als in seiner eigenen „Familie“. Gangsterfilm, Familiensaga und Kapitalismusanalyse im grandiosen Operngewand.

„Herbstsonate“ (Om engl. U) 10. 1. im Arsenal

LARS PENNING