Abschied ohne Tränen

300 Demonstranten feiern die Schließung des Thor-Steinar-Ladens in der HSH Nordbank-Passage. Sie fordern das Geldinstitut auf offenzulegen, wie viel Geld für die Vertragsauflösung geflossen ist

Protest hat offenbar im Stadtteil Bergedorf den Verkauf von Thor-Steinar-Produkten bendet: Gut ein halbes Jahr lang habe dort ein Tätowiergeschäft Bekleidung der Szenemarke angeboten, berichtet das Antifaschistische Bündnis Bergedorf. Weiterhin lagen demnach Artikel von „Walhalla Germany“ und „Pro Violence“ in den Regalen. Vergangene Woche fragte das Antifa-Bündnis beim Geschäftsinhaber nach. „Wir wussten nicht, was das für Marken sind“, sagte die Frau des Betreibers auf taz-Anfrage. Über Herkunft und Hintergrund der Produkte hätten sie beide nie nachgedacht. Außerdem: „Die Sachen sind ja nicht verboten.“ Von den Auseinandersetzungen um den Thor-Steinar-Laden in der Hamburger Innenstadt habe man nichts mitbekommen: „Wir interessieren uns nicht so für Politik“, sagt die Frau, versichert aber: „Nein wirklich, wir sind keine Rassisten, und mit Nazis haben wir nicht zu tun.“ Ausländer seien im Geschäft stets bedient worden. Nach dem Hinweis von der Antifa haben sich die Ladenbetreiber von der Polizei beraten lassen. „Wir haben“, sagt die Frau, „die Marken gleich aus dem Angebot genommen.“ AS

VON UTA GENSICHEN

Bei einer Kundgebung vor der HSH Nordbank-Passage am Gerhart-Hauptmann-Platz haben am Sonnabend rund 300 Menschen die bevorstehende Schließung des Thor-Steinar-Ladens „Brevik“ begrüßt. Das umstrittene Bekleidungsgeschäft verlässt zum 31. Oktober die Einkaufsmeile in der Innenstadt. Wochenlang hatten Gegner der unter Rechtsextremen beliebten Kleidungsmarke vor dem Gebäude demonstriert, um den Betreiber der Passage zur Auflösung des Mietverhältnisses zu bewegen.

Trotz dieses Erfolges verlangt das Hamburger Bündnis gegen Rechts weitere Schritte der HSH Nordbank. „Bewegung kostet Geld“, sagte Birgit Wulf am Sonnabend über die vergangenen Aktionen. Deshalb forderte sie von dem Geldinstitut, an die „antifaschistische Bewegung“ den gleichen Betrag zu zahlen, wie ihn die Betreiber des Thor-Steinar-Geschäftes für die Vertragsauflösung bekommen hätten.

Ginge es nach der Antifa, dürften derartige Läden keinen einzigen Cent erhalten: „Naziläden rausjagen statt rauskaufen“, lautete die Forderung, die die Demonstranten auf schwarzen Bannern den in der Überzahl anwesenden Polizisten entgegenstreckten. Karl Koch, Pressesprecher der Hamburger Antifa-Gruppe „a[2]“, kritisierte, dass die Bank sich nicht offen zu den Umständen der Kündigung geäußert hat. „Ein derart untransparentes Vorgehen darf keine Schule machen“, rügte Koch.

Wie die HSH Nordbank versichert, hat es keine Auszugsprämie gegeben. Lediglich „entstandene Kosten“ seien der Firma Protex GmbH erstattet worden. Gerüchten aus der linken Szene zufolge soll eine Auslösesumme in Höhe von rund 800.000 Euro an den Geschäftsführer des Thor-Steinar-Ladens gezahlt worden sein.

Die Veranstalter der Kundgebung hoffen nun, dass mit der Schließung ein Stein ins Rollen kommt. „Das ist der Auftakt zu einer größeren Schließungswelle“, hofft Ruth Stiasny-Seligmann vom Hamburger Bündnis gegen Rechts. Seit mehreren Jahren würden Läden in ganz Deutschland eröffnen, die ausschließlich die Szene-Marke Thor Steinar vertreiben.

Neu daran sei, dass die Betreiber ihre Geschäfte bewusst in zentralen Einkaufslagen platzierten. Weg vom Schmuddelimage der Naziläden, hin zu mehr Kundenverkehr – so sehe die neue Strategie des rechten Kaufmanns aus. „Unser Erfolg ist es, das wir das skandalisiert haben, bevor der Gewöhnungseffekt eintritt“, sagte Stiasny-Seligmann über die Demonstrationen gegen das Hamburger Geschäft „Brevik“.

Diese medienwirksame Skandalisierung schadet dem Ruf der HSH Nordbank auch in ihrem Kerngeschäft. So verfügt die NPD bei dem Geldinstitut über ein Konto, das auf Flyern mit fremdenfeindlichen Parolen als Spendenkonto angegeben wird. Alle Versuche der Bank, den unbeliebten Kunden per Gerichtsurteil abzuschütteln, sind bisher gescheitert.