Union und Grüne sägen an der Parität

Der Koalitionspartner stellt die Familienversicherung zur Diskussion, die Opposition will die Arbeitnehmer stärker belasten

Nun geht es ja bei den anstehenden Reformen darum, die Arbeitgeber von Gesundheitskosten zu entlasten. Deshalb sägen alle Parteien an der Parität herum, Tabu hin, Tabu her. Einmal abgesehen von der FDP, die sowieso Privatisierung fordert, geht die Union am weitesten: Sie fordert, den Arbeitgeberanteil einzufrieren, also alle neuen Kosten den Arbeitnehmern aufzudrücken.

Bei Gesundheitsministerin Ulla Schmidt und den ihr nahe stehenden Teilen der SPD-Fraktion hat sich etwa der Gesundheitspolitiker Eike Hovermann mit dieser Idee unbeliebt gemacht. Auch Vizefraktionschefin und Intimfeindin von Ulla Schmidt, Gudrun Schaich-Walch, verkündete: „Über den Vorschlag der Union muss mit Sicherheit diskutiert werden.“

Die Grünen stellen die Parität ebenfalls in Frage. Nicht dass sie sich gesundheitspolitisch aus dem Fenster hängen würden – seitdem ihre Gesundheitsministerin Andrea Fischer Ende 1999 abgesägt wurde, ist ihnen Gesundheit ein Igitt-Thema. Allerdings haben sie mit Krista Sager eine Fraktionschefin, die sich nicht drückt.

Die Grünen sehen ihre Aufgabe darin, die Grundsatzforderung hochzuhalten: dass die Zahl der Beitragszahler erhöht und das den Kassenbeiträgen zugrunde gelegte Einkommen verbreitert werden müsse. Und so stellen die Grünen die Gratismitversicherung von Ehepartnern zur Debatte, die weder Kinder erziehen noch Angehörige pflegen: „Für jüngere Generationen“ müsse das gehen, sagt Sager – zum Ärger Schmidts.

Schwieriger wird das schon bei anderen Gehalts- und Einkommensarten: Wollte man etwa Beamte in die gesetzliche Krankenversicherung einbeziehen, gäbe es verfassungsrechtliche Probleme. Die gäbe es auch, wollte man den Privatkassen ihre Lieblingsklientel, die Selbstständigen, wegnehmen. All dies würde bedeuten, die Arbeitgeber aus der Pflicht zu entlassen. „Jedenfalls teilweise“, gibt Reinhard Busse zu, Gesundheitsökonom und Berater der Grünen. „Aber man könnte die Parität neu definieren und die Verantwortung nach Leistungen aufteilen“, meint er: die Zahlung von Krankengeld ganz auf die Arbeitgeber übertragen und dafür die Arbeitnehmer allein für ihre Zähne zahlen lassen. „Aber natürlich muss das diskutiert werden.“ Offenbar glaubt Busse, Zeit zu haben. UWI