Bert Rürup will mit dem Kopf durch die Wand

Wenn der Vorsitzende der nach ihm benannten Kommission könnte, wie er wollte, würde er das Bismarck‘sche System der Parität einfach abschaffen

Die Aussichten der Rürup-Kommission auf Erfolg, sprich ein der Öffentlichkeit vermittelbares Konzept, haben sich seit ihrer Einsetzung stetig verschlechtert. Spätestens als das Kanzleramt unter dem Druck katastrophaler Umfragewerte beschloss, schon im Mai und nicht erst im Herbst Ergebnisse sehen zu wollen, war man vergrätzt. „Ich glaube nicht, dass man so etwas bis Mai seriös diskutieren und lösen kann“, wetterte DGB-Vizechefin Ursula Engelen-Kefer Mitte Februar.

Die Gewerkschaften wollen – viel mehr als Ulla Schmidt – vor allem eines verhindern: dass die im 19. Jahrhundert unter Otto von Bismarck eingeführte Parität, die je hälftige Finanzierung der Krankenversicherung durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer, angekratzt wird. Sie gilt als Tabu in der Debatte. Wenn Experten „tabulos diskutieren“, heißt das dann: Wir wollen die Parität abschaffen.

Und nichts anderes haben sich die Ökonomen in der Rürup-Kommission vorgenommen: der Chef selbst, Bert Rürup, aber auch Gert Wagner vom DIW, dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin. Sie sagen, die Parität sei eine einseitige Belastung des Faktors Arbeit, denn die Arbeitgeber würden die steigenden Lohnnebenkosten schließlich so ausgleichen, dass sie weniger Lohn zahlen. Deshalb wollen Rürup und Wagner die Finanzierung des Systems umstellen auf so genannte Kopfpauschalen, also einen festen Beitrag pro Nase. Je nach Kasse könnte die Pauschale unterschiedlich ausfallen. Dadurch würden alle Kassen unteinander konkurrieren, auch die privaten.

Im Grunde sei eine Reform ganz einfach, behauptet Wagner ganz gegen den Mainstream. Er verlangt seit über einem Jahr eine Bürgerversicherung gegen Krankheit, die nichts mehr mit dem Lohn zu tun hätte. Entstehende soziale Ungerechtigkeit würde dann aus Steuermitteln ausgeglichen. Womit Wagner den entscheidenden Haken schon benannt hätte: Ein Sozialausgleich mit Steuergeld ist mit einem Finanzminister Hans Eichel schon mal gar nicht zu machen.

Freilich gibt es darüber, wie viel Steuergeld vonnöten wäre, unterschiedliche Berechnungen. Wagner meint: Wenn man die bisherigen Arbeitgeberanteile als Lohn auszahlt, würden zwei Drittel der Kosten allein durch Einkommensteuer wieder wettgemacht – nach Berechnungen des Gesundheitsökonomen Eckhard Knappe 17 von 25 Milliarden Euro. Das Finanzministerium allerdings zweifelt diese Zahlen heftig an. UWI