Probleme mit der Disziplin

Lange ist es her, dass deutsche Skifahrer im Riesenslalom reüssieren konnten. In Sölden gab es mal wieder ein ernüchterndes Ergebnis in der vielleicht anspruchsvollsten Disziplin des alpinen Skisports

AUS SÖLDEN ELISABETH SCHLAMMERL

Wenn der Winter beginnt in Sölden, scheint die Sonne. Fast immer. Denn der Winter beginnt im Ötztal schon Ende Oktober, da trifft sich die Skielite alle Jahre wieder zum alpinen Prolog auf dem Rettenbachferner. Zuverlässig war auch an diesem Wochenende wieder strahlend blauer Himmel und machte Appetit auf Wintersport, so hoffen zumindest Tourismus- und Skiindustrie. In Deutschland kamen allerdings nicht viele Zuschauer in den Genuss der Bilder aus Sölden. Zum zweiten Mal hintereinander verzichtete das ZDF wegen fehlender Erfolgsaussichten auf eine Übertragung der beiden Riesenslaloms, dieses Mal sprang das Bayerische Fernsehen ein und übertrug das Frauenrennen am Samstag live.

Da bescherten Kathrin Hölzl als Achte und Maria Riesch mit Rang 13 dem Deutschen Skiverband wenigstens einen soliden Start. Immerhin, findet Alpinchef Wolfgang Maier, „wir sind bei den Leuten“. Damencheftrainer Mathias Berthold sieht hingegen größeren Arbeitsbedarf in den nächsten Wochen. „Wir müssen verdammt aufpassen, sonst schaffen wir den Anschluss nicht.“ Den Anschluss an die Siegerin Kathrin Zettel aus Österreich, die die Konkurrenz um fast eine Sekunde distanzierte.

Dass die Weltcupsaison ausgerechnet mit jener Disziplin beginnt, in denen die Erfolgschancen am schlechtesten sind, ist das Pech der Deutschen. Maria Riesch ist Sieganwärterin in Abfahrt, Super-G und Superkombination, Felix Neureuther zumindest auf einen Podestplatz im Slalom, aber im Riesenslalom wartet Kathrin Hölzl als Beste noch immer auf den letzten kleinen Schritt hinauf aufs Podium. „Es nervt“, findet die 24-Jährige aus Berchtesgaden, dass sie nun seit zwei Jahren stagniert. In Sölden, stellte Damencheftrainer Mathias Berthold fest, „hat sie im ersten Durchgang völlig verkrampft“, im zweiten wenigstens noch ordentlich aufgeholt und sich um vier Plätze nach vorne gekämpft, aber am Ende trotzdem stattliche 1,85 Sekunden Rückstand auf dem Zettel.

Das erste Rennen sollte man nicht überbewerten“, sagte Maria Riesch, die trotz des besten Riesenslalomresultats seit März 2007 keine Freudensprünge vollbrachte. „Das ist eher zum Aufwärmen.“ Und um zu schauen, wie die Konkurrenz in Form ist. Manchmal taucht in Sölden auch ein neuer Name in der Weltelite auf. Einst hatte die Kroatin Janica Kostelic als 16-Jährige mit einem zwölften Rang auf dem Rettenbachferner einen erfolgreichen Einstieg geschafft, im vergangenen Jahr sorgte die Französin Tessa Worley als Fünfte für Aufmerksamkeit, und dieses Mal überraschte die 17 Jahre alte Lara Gut aus der Schweiz mit Rang fünf. Das Ausnahmetalent war zum ersten Mal im Februar in Sankt Moritz aufgefallen, als sie trotz eines Sturzes in den Zielraum in der Abfahrt Dritte geworden war. Einen Sprung nach vorne im Riesenslalom hatte Alpinchef Maier auch Viktoria Rebensburg zugetraut, in den Tagen vor dem Saisonstart hatte er noch von den Trainingsleistungen der 19-Jährigen aus Kreuth geschwärmt. Er habe keine gesehen bei seinen Stippvisiten auf den Gletschern, wo sie im September und Oktober die Skinationen dicht gedrängt auf die Saison vorbereiten. Aber für Rebensburg war die Fahrt schon nach 40 Sekunden beendet, sie rutschte im Steilhang aus, bis dahin war sie allerdings tatsächlich schnell unterwegs gewesen.

Bei den deutschen Männern ist weit und breit kein derartiges Riesenslalom-Talent wie Rebensburg in Sicht. Da wäre schon das Erreichen des zweiten Durchgangs in Sölden ein Erfolg gewesen, aber Felix Neureuther verpasste als einziger deutscher Starter das Finale um 0,27 Sekunden und damit die Chance, dem Deutschen Skiverband einen zweiten Startplatz zu sichern. Das Rennen gewann der Schweizer Kombinationsweltmeister Daniel Albrecht vor dem Teamkollegen Didier Cuche.

Der Riesenslalom ist seit vielen Jahren die Problemdisziplin der DSV-Männer. Der letzte und bisher einzige Weltcup-Sieg liegt 25 Jahre zurück. Zwar hatte Markus Wasmeier 1985 bei der WM und neun Jahre später bei den Olympischen Spielen Gold gewonnen, war aber nie im Weltcup ganz oben auf dem Podest gelandet. Riesenslalom ist die „skifahrerisch schwierigste Disziplin“, sagt Wolfgang Maier.