Der Euro steigt – aber mit kleinen Pausen

Nach Rekord von über 1,28 Dollar fiel der Kurs gestern leicht. Experten warnen: Der Anstieg gefährdet die Konjunktur

BERLIN taz ■ Fast täglich hat der Euro in den letzten Wochen neue Höchststände erreicht. Auf über 1,28 Dollar kletterte er am Dienstag. Gestern allerdings legte er eine Pause ein und sank wieder auf unter 1,27 Dollar. Börsianern zufolge handelte es sich dabei aber lediglich um eine „Unterbrechung“ der monatelangen Dollar-Talfahrt. Denn an den Finanzmärkten ist man sich einig: Die Euroaufwertung ist in Wirklichkeit eine Dollarabwertung. Sprich: Anstatt auf die immer noch schwache Wirtschaft in Euroland blicken die Anleger zurzeit eher auf die Schuldenprobleme der USA – und legen ihr Geld lieber in Euro statt in Dollar an.

So unlogisch funktionieren nun mal die Gesetze an Börsen und Finanzmärkten: Noch vor zwei, drei Jahren ingnorierten die Geldinvestoren, ohne mit der Wimper zu zucken, dieselben US-Defizite bei Leistungsbilanz und Haushalt, kauften Dollaranlagen, trieben den Dollarkurs in die Höhe und den des Euro nach unten. Die zumindest bis 2001 noch guten wirtschaftlichen Daten in Euroland dagegen zählten nicht, genauso wenig die Sparanstrengungen der EU-Länder.

Jetzt ticken die Investorenhirne offenbar umgekehrt: Der Eurotrend zeigt nach oben, und die Anleger, für ihren Herdentrieb bekannt, blenden positive Nachrichten aus den USA aus und starren mit Tunnelblick auf die schlechten. Der Trend hin zum starken Euro sei nicht gebrochen, sagte Jane Foley, Devisenstrategin bei Barclays Capital, gestern. Und das gilt mittlerweile als Risiko, schließlich verteuert ein starker Euro die Exporte in die Länder außerhalb der Eurozone. Auch wenn Deutschland vor allem teure, langlebige Investitionsgüter ins Ausland verkauft – etwa Fabrikanlagen von MAN –, irgendwann macht sich auch hier der Wechselkurs bemerkbar. Wenn auch nicht so schnell, wie sich umgekehrt ein teurer Dollar auf Konsumgüter wie Spielzeug aus China oder kalifornischen Wein auswirkt.

Gestern wurde dann erst einmal Luft geholt an der Frankfurter Börse. „Wir könnten eine Verlangsamung des Tempos sehen“, sagte Foley. Der Euro hat seit Anfang 2003 mehr als 20 Cent gegenüber der US-Währung gewonnen. Ohne Auswirkung blieben gestern Meldungen aus EU-Kreisen, die Kommission wolle die Entscheidung des Finanzministerrats zur Aussetzung des Stabilitätspaktes anfechten. Auf Betreiben Frankreichs und Deutschlands hatte der Rat im November das Sanktionsverfahren gegen die übermäßige Neuverschuldung der beiden Länder ausgesetzt.

Unterdessen mehren sich die Stimmen, die eine Senkung der Zinsen in der Eurozone fordern. Zwar soll die Europäische Zentralbank sich ausschließlich auf die innere Stabilität des Euro konzentrieren – also auf die Inflation und nicht auf den Wechselkurs zum Dollar. Aber auch die Inflation ist mit knapp über 2 Prozent niedrig. In Deutschland liegt sie sogar nur bei 1,3 Prozent. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung etwa fordert eine Zinssenkung von derzeit 2 auf 1,75 bis 1,5 Prozent. Allerdings gilt es als unwahrscheinlich, dass die EZB bei ihrem heutigen Treffen bereits eine Zinssenkung beschließt. KATHARINA KOUFEN