Zum Glück kein Zwerg-Benz

25 Jahre Mercedes-Werk in Sebaldsbrück. Trotz bis heute vier Millionen Daimlern und 16.000 Jobs – den Schwaben war nicht von Anfang an der Teppich an der Weser ausgerollt worden

taz ■ Hamburg, Düsseldorf und Bremen waren für den zweiten Mercedes-Pkw-Standort in Deutschland nach Sindelfingen im Rennen, durchgesetzt haben sich schließlich Bürgermeister Hans Koschnick, 250 Millionen Mark Subventionen, die Nähe zu Bremerhaven, aber auch das Bremer Humankapital: Die Arbeiter, die durch die Pleite von Borgward und im siechenden Hanomag-Werk zur Verfügung standen. Gestern feierte Daimlerchrysler das 25-jährige Bestehen seines Werks in Sebaldsbrück. Es sei eines der modernsten Werke im Konzern, Bremen habe „einen festen Platz im globalen Produktionsverbund der Mercedes Car Group“, sagte gestern Daimlerchrysler-Vorstand Jürgen Hubbert.

Den Schwaben war nicht von Anfang an der Teppich an der Weser ausgerollt worden. Die „rote“ Bremer Uni protestierte gegen die „Preisgabe wunderbaren Grüns für ein kapitalistisches Unternehmen“, zwei Kleingärtner erreichten sogar einen kurzzeitigen Baustopp. Die gerade in die Bürgerschaft gerutschten vier Abgeordneten der Bremer Grünen Liste lehnten 1980 die Werkserweiterung auf dem Holter Feld ab. Mit der Mercedes-Ansiedlung auf einer Fläche von heute rund 100 Fußballfeldern war eines der wichtigsten Naherholungsgebiete im Bremer Osten verloren gegangen. Die damaligen Gegner dürften froh gewesen sein, dass Bürgermeister Klaus Wedemeier Anfang der 90er mit seinem Plan scheiterte, auch noch die Produktion des „Smart“ an die Weser zu holen.

Inzwischen sind in der letzten großen Industrieansiedlung in der Region rund vier Millionen Autos gebaut worden – auch ohne Zwerg-Mercedes. Außerdem wurden jede Menge Jobs geschaffen. Produzierten die ersten 4.000 Bremer Mercedianer 1978 „nur“ 60.000 Kombis der E-Klasse, bauen heute 16.000 Arbeiter im Verbund mit den Werken in Untertürkheim und Sindelfingen jährlich 250.000 Autos mit dem Stern. Außerdem vergibt Mercedes Aufträge an 600 Zuliefer-Firmen in der Region.

Der damals erhoffte Arbeitsmarkt-Effekt für das kleine Bundesland hat sich jedoch nicht voll eingestellt: Gab es zu Anfangszeiten auf dem Bremer Arbeitsmarkt noch genügend qualifizierte Arbeitskräfte, nahm schon in den 80ern die Zahl der Mercedes-Niedersachsen stark zu – mit allen Folgen für Verkehr und Länderfinanzausgleich. „Bei der Ansiedlung von Mercedes-Benz hat Bremen ausprobiert, wie mit seinem Geld dem Umland geholfen wird“, rügte Ex-Senator Horst Werner Franke.

Zudem sind die hiesigen Jobs dank Globalisierung nicht für ewige Zeiten sicher: Hustet die Weltkonjunktur, kann das für Mercedes Bremen eine fette Grippe bedeuten. Auf jeden Fall bezieht auch dieses Jahr jeder Weser-Malocher im April eine Prämie in Höhe von 1.200 Euro – wegen der überraschend guten Konzerngeschäfte im Jahr 2002.

Kai Schöneberg