Nach Teichmann muss nicht gesucht werden

Der 23-jährige Lobensteiner sichert der deutschen Skilanglauf-Staffel bei der WM in Val di Fiemme Silber

Einst, als dies Land noch keine Nation der Skilangläufer war, wurde nach Männern wie ihm sogar sorgenvoll im Fernsehen gefahndet. Manchmal verschwanden sie nämlich einfach hastig im Wald, waren fortan nicht mehr zu sehen, und man musste sich wirklich um sie sorgen. Heute aber, wo jedes Kind weiß, wo und wer dieser Behle ist, tut das nicht mehr Not. Denn zum einen klänge die Frage „Wo ist Teichmann?“ nicht nur reichlich abgenutzt und überdies bei Bruno Moravetz geklaut, zum anderen ist ohnehin stets bekannt, wo der 23-Jährige aus Lobenstein sich gerade herumtreibt. Wo Teichmann ist, sind die Fernsehkameras – und wo die sind, ist vorne.

Gestern war Axel Teichmann mal wieder ganz vorne, beinahe jedenfalls. Seine Kameraden Jens Filbrich, Andreas Schlüter und René Sommerfeldt hatten ihren Dienst in der Loipe bereits getan, nun lag alles in den Beinen von Teichmann. Die 20 Sekunden Rückstand, mit denen er sich gemeinsam mit dem Norweger Thomas Alsgaard auf die Verfolgung des führenden Schweden Jörgen Brink aufgemacht hatte, waren kurz vor dem Ziel aufgeholt, nun machten Teichmann und der Norweger die Sache unter sich aus. Kraftvoll rammte Teichmann seine Stöcke in den Schnee, Alsgaard nicht minder. Die beiden lieferten sich ein atemberaubendes Duell, und auch wenn Teichmann es am Ende um zwei Zehntelsekunden verlor, so durfte er sich doch erneut als Sieger fühlen: WM-Silber für Deutschland, die zweite Medaille für Teichmann nach dessen Titelgewinn über die 15-Kilometer-Distanz – damit ist der Lobensteiner so etwas wie der Michael Schumacher des deutschen Skilanglaufs.

Und das, obwohl er im letzten Jahr noch darüber nachgedacht hatte, mit der ganzen Plagerei auf den dünnen Brettern einfach aufzuhören, sie hatte sich nach seinem Titelgewinn bei der Junioren-WM vor vier Jahren ja auch kaum mehr ausbezahlt: Bei der WM 2001 in Lathi hatte sich Teichmann verletzt, bei Olympia letztes Jahr in Salt Lake City wurde er krank. Beide Male musste er zusehen, wie die Staffelkollegen Bronze gewannen.

Das kann einen Sportler zur Verzweiflung treiben – manchmal auch zur Aufgabe. Teichmann, der sein Abitur mit Note 1,3 gebaut hat, hätte es fast ins Studium der Elektrotechnik getrieben. Erst im Sommer traf er die Entscheidung, es noch mal, ein letztes Mal, zu probieren. „Doch gut, dass ich es mir noch einmal überlegt habe“, hat Teichmann nach seinem Titelgewinn vom Freitag gesagt, gestern, mit dem Staffelsilber, hat er die Entscheidung noch besser gemacht.

Auf Zufall beruhen die Erfolge freilich nicht, als großes Talent galt der 23-Jährige vielmehr schon immer, selbst wenn er es bisweilen nicht umsetzen konnte, auch weil er gesundheitlich immer wieder zurückgeworfen wurde. Um dies zu verhindern, reduzierten die Trainer in dieser Saison sein Trainingspensum, prompt blieb Teichmann von Krankheiten verschont – und von Misserfolgen. Viermal war er bei Weltcuprennen in diesem Winter unter den ersten drei, einmal sogar Sieger. „Der Erfolg hätte aus meiner Sicht zwar getrost früher kommen können, aber wenn die Sache jetzt nachhaltig ist, dann war es diese Wartezeit wert“, hat er nach seinem Titelgewinn über 15 km gesagt. Für Axel Teichmann hat sich das Warten allemal gelohnt.

FRANK KETTERER