SCHUTZ DER OSTSEE – DIE ANRAINER BRAUCHEN WOHL ERST EINEN ÖL-GAU
: Glück allein reicht nicht

Dass die Ostsee bislang von einem Öl-Gau à la „Prestige“ verschont blieb, ist reiner Zufall. Eine Sandbank, ein kräftiger Sturm – und die Ladung des Unglückstankers, die auf ihrer letzten Fahrt von Lettland nach Singapur unterwegs war, würde jetzt an der Küste Mecklenburg-Vorpommerns angeschwemmt werden und nicht an der Spaniens. Wieder einmal hat die Ostsee Glück gehabt.

Allein darauf wollen sich die nordischen Ostseeanrainer nun nicht mehr verlassen. Sie wollen daher, zusammen mit Deutschland, Polen und den anderen Ostseestaaten, einen gemeinsamen Antrag bei der UN-Schifffahrtsbehörde IMO einbringen und darin die gesamte Ostsee als „besonders empfindlich“ klassifizieren lassen. Die Sache hat nur einen Haken: Von den neun Ostseeanrainerländern wird eines nicht mitmachen – Russland. Die russischen Ölfirmen und deren Kunden haben das gemeinsame Interesse, die Charterkosten niedrig zu halten. Und eine 20 Jahre alte Rostlaube ist nun mal für ein Drittel des Preises eines modernen Doppelrumpfschiffes zu haben. Man habe eigene Sicherheitsbestimmungen, die voll und ganz ausreichten, meint Moskau. Was Schweden und Finnland forderten, sei nicht nur übertrieben, sondern auch unrealistisch.

Ein Einwand, an dem zumindest so viel richtig ist, dass die Forderung nach Doppelrumpftankern mangels Masse nicht von einem Tag auf den anderen umgesetzt werden kann. Zwar muss man dazu nicht bis 2015 warten wie nach dem jetzigen Zeitplan. Aber einiger Jahre für die erforderlichen Neubauten bedarf es doch.

Der Grund: Man hat eben jahrelang nichts getan und die Interessen der Reedereien höher bewertet als den Schutz der Umwelt. Können diese Versäumnisse nicht über Nacht nachgeholt werden, so droht auch die jetzige IMO-Initiative damit zu enden, dass auf einen Schuldigen verwiesen werden kann, der alles blockiert. Man hat’s dann eben versucht. Und vielleicht zeigt der stete Tropfen ja auch einmal bei Russlands Umweltschutzpolitik Wirkung. Wahrscheinlich muss er doch erst passieren, der Öl-Gau. REINHARD WOLFF