Normannenstraße
: Mahnmale sind keine Wart-male

Hubertus Knabe, der umtriebige Gedenkstättenleiter von Höhenschönhausen, hat natürlich völlig Recht. Der Umstand, dass die frühere Stasi-Zentrale in der Normannenstraße dem Verfall anheim gegeben ist, ist nicht zu entschuldigen. Hier saß Erich Mielke an seinem Schreibtisch, vor ihm die Totenmaske Lenins, und organisierte den Kalten Krieg mit dem Mittel der Subversion. Hier liefen die Informationsstränge der 91.000 hauptamtlichen und 176.000 inoffiziellen Mitarbeiter zusammen. Doch wie sollen SchülerInnen, Besucher und Opfer ein Gefühl für die Biederkeit dieser Überwachungsdiktatur entwickeln, wenn man sich die Plattenbauidylle der Normannenstraße nicht einmal museal aufbereitet anschauen kann?

Kommentar von ADRIENNE WOLTERSDORF

Allerdings wählt Knabe ein denkbar schlechtes Beispiel, wenn er gegenrechnet, dass die „Topographie des Terrors“ auf dem Gelände der früheren Gestapo-Zentrale einen Museumsneubau erhält. Ist nicht gerade die „Topographie“ das Paradebeispiel für eine peinlich halbherzige Entschlossenheit, Geschichte zugänglich zu machen? Seit dem Jahr 2000 ist der Bau gänzlich gestoppt. Der Senatsbeschluss, der „Topo“ ein Haus zu bauen, datiert vom März 1990. Kaum älter sind die Forderungen der Opferverbände, die Normannenstraße zu einem Museum auszubauen. Der leise Verdacht drängt sich auf, dass der Umgang der Politik mit den Orten der Täter ein indifferenter ist. Wart mal statt Denk mal. Da hilft es auch nicht, die Litanei der leeren Kassen herunterzubeten. Denn wenn wir mit dem Erhalt wichtiger Orte der Geschichte und der Nachdenklichkeit warten, bis sich Berlin entschuldet hat, dann glauben eines Tages SchülerInnen, hinter SED verberge sich der „Schweizerische Erdbebendienst“.