Besuchsmission mit Hindernissen

Erstmals seit sieben Jahren reist eine UNO-Menschenrechtsdelegation in den Iran. Zugang zu Gefangenen, so wie gewünscht, erhalten die Beobachter nicht. Auch Vertreter der größten Studentenorganisation werden an einem Treffen gehindert

von BAHMAN NIRUMAND

Sassan al-Kanan hatte keine Gelegenheit mehr, mit Vertretern der UNO zu sprechen. Kurz nach dem Eintreffen der Delegation wurde der politische Gefangene hingerichtet. Weil er Mitglieder der kurdischen Organisation Kumula als Gäste empfangen hatte, war Sassan al-Kanan vor vier Monaten in Sanandadj in der Provinz Kurdistan festgenommen und von einem Schnellgericht zum Tode verurteilt worden. Auch zwei prominente Kritiker, Mohssen Sazegara und Ghassem Sholeh Saadi, deren Namen ebenfalls auf der Liste der Delegation standen, wurden festgenommen und so ein Gespräch verhindert.

Seit dem 15. Februar hält sich eine Menschenrechtsdelegation der Vereinten Nationen in Iran auf. Es ist nach sieben Jahren das erste Mal, dass Beauftragte der UNO eine Einreiseerlaubnis erhalten. Geführt wird die fünfköpfige Delegation von dem französischen Richter Louis Joint, der sich besonders für Menschenrechte engagiert.

Die Initiative zu dem Besuch ging erstaunlicherweise von Iran aus. Nachdem das Land sich Jahre lang geweigert hatte, UNO-Beobachter die Einreise zu gestatten, forderte der Vertreter der Islamischen Republik im Juli vergangenen Jahres in Genf die Kommission auf, Beobachter nach Iran zu entsenden. Allgemein wurde diese Einladung als ein Sieg der Reformer gegen die von Konservativen beherrschte Justiz gedeutet. Es gab aber auch Skeptiker, die der Meinung waren, Iran wolle mit diesem Schachzug nur demonstrieren, dass es nichts zu verbergen habe.

Die Delegation, deren Besuch heute endet, hat den Auftrag, zu prüfen, ob in der Islamischen Republik tatsächlich Menschen willkürlich und widerrechtlich verhaftet und als Gefangene misshandelt werden. Geplant waren Gespräche mit Parlamentariern, Vertretern der Regierung, der Besuch von Gefängnissen und Gespräche mit dreißig Inhaftierten und ehemaligen Gefangenen, die den Delegationsmitgliedern bereits namentlich bekannt waren.

Der erste Gesprächspartner der Delegation war Djavad Laridjani, Stellvertreter des Justizchefs. Er empfing die ausländischen Gäste nicht als Beobachter, sondern als normale Besucher. Die iranische Justiz wende stets die Gesetze in voller Klarheit an und sei deshalb daran interessiert, mit anderen Ländern Erfahrungen auszutauschen, sagte er. Anders äußerten sich Vertreter der Reformfraktion des Parlaments. Hossein Anssari Rad, Vorsitzender des Petitionsausschusses, bezeichnete die Begegnung mit den UNO-Beobachtern als sehr bedeutend. Er sagte, die meisten Beschwerden, die dem Ausschuss vorgelegt werden, richteten sich gegen Verhaftungen und die Behandlung der Gefangenen in den Gefängnissen.

Weniger Glück hatten die UNO-Delegierten bei ihrem Versuch, mit Gefangenen ihrer Wahl Gespräche zu führen. Der Journalist Ahmad Zaidabadi sagte in einem Interview, die UNO-Beobachter hätten normale Gefängnisse besucht, es sei ihnen nicht erlaubt worden, politische Gefangene zu sprechen.

Das trifft nicht ganz zu. Immerhin gelang es der Delegation, mit dem prominentesten Gefangenen Irans, Abbas Amir Entezam, ein Gespräch zu führen. Entezam war Mitglied der provisorischen Revolutionsregierung. Er wurde vor 24 Jahren unter dem Vorwurf der Agententätigkeit festgenommen und zu lebenslanger Haft verurteilt.

Das Hotel Laleh, in dem die Delegation untergebracht ist, ist hermetisch abgeriegelt. Täglich versammeln sich dort rund tausend Menschen, die der Delegation über ihr eigenes Schicksal berichten wollen. Es hat bereits mehrere Festnahmen gegeben.

Selbst der größten Studentenorganisation Tahkim Wahdat gelang es nicht, die UNO-Beobachter zu sprechen. Zahlreiche Mitglieder der Organisation befinden sich im Gefängnis. Ein Sprecher sagte, sollte bis zur Abreise der Delegation kein Gespräch mit ihr möglich sein, werde seine Organisation alle Dokumente, die sie der Delegation vorlegen wollte, veröffentlichen.