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: Null Interesse an Kahn und Co.

Mittägliche Bundesligaspiele allein reichen nicht aus, um in Asien das Interesse am deutschen Fußball zu steigern

Seit im Bundesligaland das Geld knapper wird, schreit der Deutschen liebster Unterhaltungsbetrieb nach neuen Sponsoren und ausländischer Kundschaft. Das Thema ist fast schon staatstragend, man kann damit Quote machen. Im Fall des Präsidenten der Deutschen Fußball-Liga (DFL) muss es sich wohl um persönliche Eitelkeit handeln, anders lässt sich die jüngste Aussage von Werner Hackmann nicht erklären. Um an höhere TV-Gelder zu kommen, plane die Liga, Samstagsspiele künftig in die Mittagszeit vorzuziehen. Dadurch seien die Partien auch im fußballbegeisterten Asien besser zu vermarkten.

Wollte sich der aufs Abstellgleis geschobene Hackmann, der um seine Wiederwahl kämpft, über solche Schlagzeilen ins Licht rücken? Intern jedenfalls hat Hackmanns verbaler Silvesterböller mitten hinein in die eher diskret geführten Gespräche darüber, wo die DFL nach dem Ausstieg des Rechtehändlers Infront die von den Klubs bereits eingeplanten 300 Millionen Euro aus dem Fernsehgeschäft hernehmen will, höchstes Befremden ausgelöst. Wilfried Straub, der Vorsitzende der DFL-Geschäftsführung, hat Hackmann darauf hingewiesen, dass er nicht für die operativen Belange zuständig sei. Aus anderen Büros im Frankfurter Bundesligahaus Otto-Fleck-Schneise 6a heißt es offiziell: „Kein Kommentar.“ Die Leute sind entweder peinlich berührt oder sie reagieren süffisant auf die ungeschickte Wortmeldung ihres ehrenamtlichen Vorgesetzten.

Dabei stammt der Ansatz Hackmanns aus einer von Infront angefertigten Expertise über das große Vorbild Premier League; die Engländer generieren rund 60 Millionen Euro aus ihrem asiatischen TV-Geschäft. Ein oder zwei Spiele der ersten englischen Liga werden samstags zur Mittagszeit angepfiffen, damit sie in Fernost live zur Primetime im Fernseher laufen können. Dies ist allerdings nur ein erfreulicher Nebeneffekt der Vorverlegung; ursprünglich war es den Terminplanern in London um Sicherheitsaspekte gegangen. Wenn es vor dem Spiel nämlich keine Zeit gibt, ins Pub zu gehen, randalieren auch keine angetrunkenen Fans auf den Tribünen.

Fußball made in Germany wird derzeit zwar in 115 Länder übertragen, die 15 Millionen Euro Erlöse dokumentieren dabei jedoch aufschlussreich den internationalen Stellenwert der Bundesliga. Bis vor gut einer Dekade war die Nation der dreifachen Welt- und Europameister auch auf diesem Gebiet noch der Champion gewesen; nachdem Sat.1 und „ran“ von den Öffentlich-Rechtlichen die Herrschaft im Fußball übernommen hatten, kümmerte sich allerdings kein Mensch mehr um die Außendarstellung der Bundesliga. Seither haben Marketing- und Werbestrategen aus England, Italien und Spanien den sportlichen Zukunftsmarkt Asien für ihre Ligen missioniert. In der jüngsten Umfrage aus Süd- und Südostasien („Welchen Fußball wollen Sie sehen?“) taucht die Bundesliga gar nicht auf: Die Premier League (96 Prozent) wird dabei noch attraktiver bewertet als Champions League (74 Prozent), Weltmeisterschaft (62 Prozent), die Partien der Serie A (47 Prozent) oder die spanische Primera Division (20 Prozent).

Sicherlich kann die Bundesliga auf diesem Terrain Boden gut machen, wenn DFL und die maßgeblichen Klubs dabei solidarisch taktieren und die unterschiedlichen Expansionsinter essen unter einen Hut bringen. Es ist allerdings nicht so, dass gut die Hälfte der Menschheit auf ihrem märchenhaften Kontinent auf die Eroberung durch Hackmanns moderne Marketender wartet. „Die Bundesliga erscheint in Peking und Schanghai, in Tokio und Seoul erst mal als Bittsteller“, so Tetsuya Murakami von Dentsu, der weltgrößten Werbeagentur. Für den Fußball- und Marketingexperten in dem Firmenwolkenkratzer in Shimbashi bewegt sich die Bundesliga noch lange nicht im Bereich, in welchem man Forderungen stellen könne. Allerdings bietet die WM 2006 eine einzigartige Chance, das Interesse neu zu wecken.

Doch um Kahn und Co. wieder zu solch populären Gestalten zu machen, wie es „Kaiser Franz“ und Lothar Matthäus einst waren oder David Beckham und Zinedine Zidane heute sind, sollten DFL und deren Protagonisten erst mal eine richtige Imagekampagne auf dem gelben Kontinenten starten. Die wenigen Stars der Bundesliga müssten sichtbar werden. Denn nur, wer auch präsent ist, setzt sich auf dem asiatischen Markt durch. In dieser Hinsicht liefert Hackmanns Exklub das beste Beispiel, warum die Kicker von hierzulande so schwer um Reputation in Asien kämpfen. Obwohl mit Naohiro Takahara Japans Fußballer des Jahres 2002 nun für die Hanseaten stürmt, und obwohl der Bezahlsender Wowow diesen Transfer mitsponsert und eine siebenstellige Summe für die Übertragung von HSV-Spielen am frühen Sonntagmorgen bezahlt, hat sich der Bundesligaklub noch nicht einmal blicken lassen in der Heimat seines „Sushi-Bombers“.

MARTIN HÄGELE