Der Ulla-Schmidt-Faktor

betr.: „In Zukunft ganz dynamisch“ (Es wird weiter reformiert: Die Pflegeversicherung), taz vom 2. 1. 04

Als examinierter Altenpfleger sehe ich der Zukunft unseres Berufes zuversichtlich entgegen. Nicht nur ist unsere Berufsbezeichnung kürzlich staatlich anerkannt worden, immer mehr Menschen beschäftigen sich mit der Frage, was Pflege leisten soll und leisten kann.

Vieles in der Pflege funktioniert gut, manches erzeugt Staunen. Der Gesetzgeber beispielsweise hat die Pflegeversicherung ergänzt um das Pflegequalitätssicherungsgesetz. Jetzt kommt noch der „Ulla-Schmidt-Faktor“ dazu. Wenn mir in Zukunft an meinem Arbeitsplatz ein Pflegefehler vorgeworfen wird, dann werde ich ganz cool sagen: „Der Gesetzgeber hat ‚keine Erbenschutzversicherung‘ verabschiedet, sondern eine Teilkasko-Versicherung. Mehr Fachlichkeit, mehr Menschlichkeit ist gesetzlich nicht vorgesehen.“

In diesem Zusammenhang freut mich, dass Ihr Artikel Bemühungen von Fachleuten aus der Pflegepraxis und der Pflegetheorie unterstützt, die Rahmenbedingungen der Pflege selbst mitzugestalten. Dies ist sehr notwendig. MICHAEL DÜRRWÄCHTER, Hamburg

Die einzige sinnvolle Pflegeversicherung in diesem Land ist die Cyankali-Kapsel. Ich will dem SPD-Kanzler und seiner „Gesundheits“-Ministerin nicht dabei im Wege stehen, im Rahmen der Umverteilung den Arbeitern ihre Villen im Tessin zu nehmen und sie der Not leidenden Unternehmerschaft als Notquartier zur Verfügung zu stellen. Und um dem Herrn Bundeskanzler, seinem tollen Kollektor Stolpe und anderen Hoffnungsträgern die Arbeit zu erleichtern, werde ich künftig meinen SPD-Mitgliedsbeitrag direkt an das Transrapid-Konsortium überweisen.

Aber zurück zum Ausgangspunkt – Aktion Cyankali: Wir wollen doch dieser edlen Regierung mit unserem blöden, überflüssigen Leben im Rentenalter nicht auf der Tasche liegen! Wer macht mit?

BENNO BICKEL, Schrobenhausen

Wenn man einen ambulanten Pflegedienst beauftragt hat und Leistungen nach SGB XI (Soziale Pflegeversicherung) in Anspruch nimmt, erhält man seitens der Pflegekasse sog. Pflegesachleistungen – die Aussage, man „bekommt Geld“, ist so nicht richtig. Stattdessen vergüten die Pflegekassen direkt die Rechnungen der Dienste ohne Umweg über die Versicherten. Der/die Versicherte „bekommt Geld“ nur dann, wenn die Sachleistungen unter der Grenze der jeweiligen Pflegestufe liegt (bei Stufe I 384 Euro, bei II 921 Euro und bei III 1.432 Euro), und dies wird prozentual gekürzt. Dies ist die sog. Kombileistung. Ferner stimmt es nicht, dass es bis heute keine Regelung im SGB XI gäbe, wonach Menschen mit Demenz oder sog. geistiger Behinderung keinerlei Hilfen bekommen. Durch das Pflegeleistungsergänzungsgesetz erhalten Versicherte ein Budget von 460 Euro im Jahr (!) von der Kasse angeboten, um sich Leistungen der „Allgemeinen Beaufsichtigung und Betreuung“ einkaufen zu können. Voraussetzung ist jedoch, in eine der Pflegestufen eingestuft zu sein und verschiedene erhebliche Einbußen in der Alltagskompetenz zu haben. Mit diesen 460 Euro kann man aber nicht mehr als eine „Allgemeine Beaufsichtigung und Betreuung“ tagsüber an einem bis zwei Wochenenden im Jahr abdecken – ein Witz.

Es ist schön, dass sich die taz des Themas der Pflege annimmt. Doch müsste es viel weiter gehen. Ist es mehr als einen Dreizeiler wert, wenn die Krankenkassen rechtlich unzulässig Leistungen in die Pflegekassen verschieben, mit der Folge, dass beim Pflegebedürftigen weniger Grundpflege geleistet werden kann? Wo ist die ernsthafte Auseinandersetzung mit der andauernd zunehmenden Finanzierung der Pflegekosten der Kommunen aufgrund der Demografie und v. a. der Anfang der 90er Jahre festgelegten Höchstgrenzen der Leistungen in den jeweiligen Pflegestufen? Und interessiert es noch jemanden, wenn ein Regierungsentwurf vorsieht, Leistungen an Dienste, die mit Menschen mit Behinderung arbeiten, unter Haushaltsvorbehalt stellen zu wollen? ROMAN KOLLAR, Coburg

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