Zypern-Gespräche vor Wiederaufnahme

Die türkische Führung einigt sich auf ein neues Vorgehen. Voraussetzung für den schnellen Beginn von Verhandlungen ist die Bildung einer Regierung in Nordzypern. Doch diese gestaltet sich wegen des Patts nach den Dezember-Wahlen weiter schwierig

AUS ISTANBUL JÜRGEN GOTTSCHLICH

Nach wochenlangen internen Debatten zwischen Regierung und Generalstab, hat die türkische Führung sich auf ein Vorgehen für neue Verhandlungen auf Zypern geeinigt. Nach den Richtlinien des Plans von UNO-Generalsekretär Kofi Annan soll möglichst zügig mit der griechischen Seite über eine friedliche Lösung für das geteilte Zypern verhandelt werden.

Dazu gehört, dass nach dem Patt bei den Wahlen in Nordzypern Mitte Dezember umgehend eine Regierung „auf möglichst breiter Basis“ gebildet wird, wie es in Ankara hieß. Die Beschlüsse zu Zypern wurden bei einem Treffen unter Vorsitz von Staatspräsident Ahmet Necdet Sezer getroffen, an dem außer Ministerpräsident Tayyip Erdogan und Außenminister Abdullah Gül, auch Generalstabschef Hilmi Özkök teilnahm. Im Anschluss an den Gipfel beim Präsidenten traf Erdogan mit allen vier Vorsitzenden der im nordzypriotischen Parlament vertretenen Parteien zusammen, die dafür extra nach Ankara geflogen waren.

Bereits vor ihrem Abflug hatten Mehmet Ali Talat, der seit 10 Tagen versucht, eine Regierung zu bilden, und Serdar Denktasch, Vorsitzender der drittstärksten Partei, bei einer Pressekonferenz angekündigt, man wolle jetzt keine Zeit mehr verlieren und Details einer zukünftigen Regierung klären. Voraussetzung für die Koalitionsbereitschaft von Serdar Denktasch war, dass Talat zuvor erklärt hatte, er sei nun fortan auch bereit, Denktasch senior weiterhin als Verhandlungsführer der Zyperntürken in den Gesprächen mit der griechischen Seite zu akzeptieren.

Nach dem Treffen in Ankara und dem dortigen Kompromiss auf der Basis: Verhandlungen auf Grundlage des Annan-Plan ja, aber weiter mit Denktasch als Verhandlungsführer, steht nun einer Regierungsbildung im Norden wohl nichts mehr im Weg. Wenn Talat und Denktasch Junior sich einigen, kommen sie zusammen auf 26 Parlamentssitze und hätten damit die denkbar knappste Mehrheit in dem 50 köpfigen Parlament. Die Friedenspartei unter Mustafa Akinci, die am vehementesten für Verhandlungen eintritt, hat angekündigt, an einer Regierung mit Serdar Denktasch nicht teilnehmen zu wollen.

Ministerpräsident Tayyip Erdogan wird in den kommenden Tagen die Beschlusslage seiner Regierung versuchen, international zu erläutern. Gestern noch reiste er nach Berlin, wo er heute mit Bundeskanzler Schröder und Außenminister Fischer zusammen treffen wird. Kommende Woche ist EU-Ratspräsident Romano Prodi in Ankara und ende des Monats wird Erdogan in Washington zunächst mit Annan und anschließend mit US-Präsident Bush zusammentreffen.

Bush hatte erst kürzlich in Schreiben an Erdogan und Denktasch sowie an den griechischen Zypernpräsidenten Tassos Papadopoulos und Athens Regierungschef Kostas Simitis appelliert, zügig zu einer Lösung zu kommen. Nach Berichten griechischer Medien ist Annan bereit, Anfang Februar zu neuen Gesprächen einzuladen.