Manager zur Kasse, bitte!

Finanzminister Hans Eichel und Justizministerin Brigitte Zypries wollen geprellte Anleger stärken: Vorstände und Aufsichtsräte können künftig auf Schadenersatz verklagt werden

Manager, die mit Reden oder Interviews Anleger in die Irre führen, müssen haften

FREIBURG taz ■ Die Bundesregierung will das Vertrauen der Anleger in den Kapitalmarkt zurückgewinnen. Gestern stellten Finanzminister Hans Eichel und Justizministerin Brigitte Zypries (beide SPD) ein Programm vor: Anleger sollen künftig leichter Schadenersatz einklagen können, und die Börsenaufsicht soll gestärkt sowie zentralisiert werden.

Bisher haben es Anleger sehr schwer, Schadenersatz zu erhalten, wenn sie auf geschönte Bilanzen und falsche Versprechungen hereingefallen sind. Comroad-Chef Bodo Schnabel, der den Großteil seiner Umsätze frei erfunden hatte, wurde zwar zu sieben Jahren Haft verurteilt, konnte von den geprellten Anlegern aber nicht finanziell haftbar gemacht werden.

Im vorigen Juli hatte der Bundestag zwar erstmals die Möglichkeit von Anleger-Klagen geregelt. Schadenersatz können diese bisher aber nur vom Unternehmen erhalten – dessen Eigentümer sind sie als Aktionäre aber selbst. Jetzt wollen Zypries und Eichel auch Klagen gegen Vorstände und Aufsichtsratsmitglieder zulassen. Ausgelöst würde die Haftung zumindest dann, wenn die Manager für wahrheitswidrige oder unterlassene Ad-hoc-Mitteilungen verantwortlich sind. Möglicherweise sollen aber auch „irreführende Aussagen in Reden oder Interviews“ zu Schadenersatzansprüchen führen.

Die einst von Zypries Vorgängerin Herta Däubler-Gmelin angedachte Möglichkeit einer Sammelklage im Namen aller geschädigten Anleger wird es nicht geben. Auch künftig muss jeder Aktionär selbst klagen. Allerdings sollen Musterverfahren erleichtert werden, damit nicht windige Anwälte mit einer Vielzahl von Einzelverfahren vor allem selbst absahnen.

Darüber hinaus sollen Schadenersatzklagen des Unternehmens gegen betrügerische oder unfähige Vorstände und Aufsichtsräte erleichtert werden. Schon ein Prozent der Aktionäre (bisher zehn Prozent) sollen eine solche Klage des Unternehmens künftig erzwingen können. Bei einem gerichtlichen Erfolg würde allerdings nur das Unternehmen profitieren. Eine Ausschüttung von „Prämien“ an hinter der Klage stehende Aktionäre soll ausgeschlossen sein. Um die Manager zu beruhigen, soll im Aktiengesetz auch klargestellt werden, dass sie für Entscheidungen, die sie „nach bestem Wissen und Gewissen“ getroffen haben, nicht haften müssen.

Die beiden Minister haben gestern nur Eckpunkte der Reform, aber noch keine Gesetzentwürfe vorgelegt. Das gesamte Konzept soll aber bis Ende 2005 umgesetzt sein. Es beruht auf einem 10-Punkte-Plan, den die Bundesregierung bereits im letzten Sommer vorgestellt hatte.

Neben der „angemessenen“ Erweiterung von Klagemöglichkeiten sieht das Konzept vor allem eine Stärkung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin) vor. Anders als ihr Pendant in den USA, die SEC, kann die BAFin zwar keine Unternehmen durchsuchen oder Beweismaterial beschlagnahmen. Jetzt soll sie aber durch ein ihr unterstehendes, privat organisiertes „Enforcement“-Gremium gestärkt werden. Dieses Gremium soll stichprobenartig und bei konkretem Verdacht Unternehmensbilanzen prüfen können.

Nicht bewährt hat sich nach Ansicht von Hans Eichel die Aufteilung der Börsenaufsicht auf Bund und Länder. „Nur mit der Schaffung einer zentralen Aufsichtsbehörde werden wir international Anerkennung finden“, betonte er gestern. Im vorgestellten Papier ist dieses Thema allerdings nur als Prüfauftrag festgehalten. Kein Wunder. Denn weil er die Kompetenzen der Länder beschneiden würde, könnte der Punkt ein Vetorecht des Bundesrats auslösen. CHRISTIAN RATH